Volle Fahrtkosten auch bei langfristiger Fortbildung

vom 14. Juli 2008 (aktualisiert am 17. April 2009)
Von: Lutz Schumann

Arbeitnehmer können die Fahrten zu einer beruflichen Fortbildung auch dann voll als Werbungskosten absetzen, wenn sie längerfristig und regelmäßig daran teilnehmen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH, Aktenzeichen: VI R 66/05). Der Veranstaltungsort werde nicht zu einer weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte. Arbeitnehmer haben somit Anspruch auf die höhere Fahrtkostenpauschale von 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer.

Bislang sahen die Finanzämter eine Fortbildung von über drei Monaten als langfristig an. Sie berücksichtigen nur die Entfernungspauschale und benachteiligten die Teilnehmer dadurch doppelt. Denn zum einen gilt diese Pendlerpauschale nur für die einfache Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsstätte, also nicht für Hin- und Rückfahrt. Zum anderen dürfen Pendler die Pauschale nur noch für Entfernungskilometer nutzen, die über die ersten 20 Kilometer hinausgehen.

Im entschiedenen Fall hatte ein Arbeitnehmer neben seinem Vollzeitjob vier Jahre lang an einer auswärtigen beruflichen Fortbildung teilgenommen. Dazu musste er jede Woche an zwei Abenden und am Samstag zum 35 Kilometer entfernten Ausbildungsort fahren. Das Finanzamt beurteilte das Bildungsinstitut als weitere regelmäßige Ausbildungs- oder Arbeitsstätte und berücksichtigte die Fahrtkosten nur anhand der Entfernungspauschale.

Die BFH-Richter kippten dieses Vorgehen mit der Begründung, eine Arbeitsstätte liege nur dann vor, wenn die dortige Tätigkeit auf Dauer angelegt sei. Die Fort- und Weiterbildung sei zwar längerfristig, jedoch nur vorübergehend gewesen. Eine auswärtige Tätigkeitsstätte könne nicht durch bloßen Zeitablauf von drei Monaten zur regelmäßigen Arbeitsstätte werden. Auch bei einer nebenberuflichen Fortbildung über vier Jahre seien die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte nicht erfüllt.

Steuer-Tipp 1: Fahren Sie als Arbeitnehmer mit Ihrem eigenen Pkw zu einer Bildungsstätte, die nicht an Ihrem Arbeitsort liegt? Dann setzten Sie in Ihrer Steuererklärung 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer an! Sie dürfen einen Umweg fahren, wenn dieser offensichtlich verkehrsgünstiger ist. Wenn Ihre tatsächlichen Fahrtkosten höher sind als die Pauschale, dann weisen Sie dies mit Belegen nach und machen die höheren Kosten Steuern mindernd gelten, zum Beispiel anhand von Bahnfahrkarten oder Flugtickets.

Steuer-Tipp 2: Ab 2008 dürften die Finanzämter nicht mehr so kleinlich sein. Die aktuellen Lohnsteuerrichtlinien stellen klar, dass Bildungseinrichtungen keine regelmäßige Arbeitsstätten sind. Prüfen Sie dennoch sicherheitshalber Ihren Steuerbescheid auf diesen Punkt hin. Gegen einen ablehnenden, aber noch nicht endgültigen Steuerbescheid aus einem früheren Jahr legen Sie Einspruch ein und verweisen dazu auf das obige BFH-Urteil.

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