Stückzinsen dank Abgeltungsteuer noch rentabler

vom 07. November 2008 (aktualisiert am 16. Mai 2016)

Das beliebte Steuersparmodell "Stückzinsen" ist im ausklingenden Jahr 2008 wegen der Abgeltungsteuer letztmalig anwendbar und dabei noch lukrativer denn je. Es gibt kein anderes Steuermodell, mit dem selbst Normalverdiener derart viel Geld sparen können. Zudem hat die Finanzverwaltung das Sparmodell jetzt ausdrücklich abgesegnet, sogar gezielt im Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer.

Kurzer Überblick: Wie funktioniert das Stückzinsen-Modell?

Sehr vereinfacht und verkürzt gesagt, bezahlen Sie möglichst am Ende eines Jahres hohe Zinsen für eine Anleihe. Zu Beginn des nächsten Jahres zahlt der Emittent dieser Wertpapiere Ihnen die Zinsen plus einen kleinen Bonus zurück. Unterm Strich besitzen Sie also genauso viel Geld wie vorher, Sie haben lediglich Zinserträge für ein oder zwei Monate erwirtschaftet.

Steuerlich gesehen, geschieht jedoch eine Menge mehr: Durch die Investition Ende 2008 entstehen Ihnen hohe Ausgaben, die Sie mit Kapitaleinkünften und darüber hinaus mit anderen Einkünften des Jahres 2008 Steuern sparend verrechnen können (zum Beispiel mit Gehalt, Mieten und Renten). Beim Spitzensteuersatz bedeutet dies eine Ersparnis von 45 Prozent (ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer). Anfang 2009 beziehen Sie ebenso hohe Kapitaleinkünfte, die zu versteuern sind - wegen der Abgeltungsteuer allerdings nur mit 25 Prozent. Sie sparen also bis zu 20 Prozentpunkte.

Für eine ausführlichere Erklärung empfehlen wir Ihnen unseren Artikel "Stückzinsen: Einkünfte verlagern, Steuern sparen".

Was bringt das Stückzinsen-Modell?

Steuerersparnis 1: Der "normale Vorteil" von Stückzinsen ist, dass Sie Einkünfte aus einem wirtschaftlich starken Jahr in ein anderes Jahr verlagern, in welchem Sie niedrigere Einkünfte erwarten. Sie glätten eine Einkommensspitze und vermeiden einen unnötig hohen Steuersatz. Dieser Vorteil von Stückzinsen gilt schon seit Jahren und war einer der Tipps, die der Steuer-Schutzbrief seinen Lesern grundsätzlich vor Jahresende gab. Wegen der pauschalen Abgeltungsteuer ist das Modell in Zukunft tot.

Steuerersparnis 2: Sie reizen das Stückzinsmodell am meisten aus, wenn Sie die Zinszahlung in ein noch einkommensschwächeres Jahr in der Zukunft verschieben, vorzugsweise in den Ruhestand. Dazu eignen sich Wertpapiere, bei denen die Zinsen erst am Laufzeitende fließen, zum Beispiel Zerobonds.

Steuerersparnis 3: Durch die Abgeltungsteuer ziehen Sie einmalig beim Jahreswechsel 2008/2009 einen besonderen Vorteil aus Stückzinsen. Ihre Zinseinkünfte sind in 2009 nur mit pauschal 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer zu versteuern. Sie verlagern Ihre 2008er Einkünfte also in ein Jahr, in dem ein erheblich niedrigerer Steuersatz gilt.

Wer profitiert am meisten von Stückzinsen?

Das Stückzinsen-Modell lohnt sich in 2008 für alle Steuerpflichtigen, deren Steuersatz über 25 Prozent liegt. Damit sind die Stückzinsen eines von ganz wenigen astreinen Steuersparmodellen, die bereits in dieser Einkommensklasse nutzbar sind.

Wie bei den meisten Sparmodellen gilt aber auch hier: Je mehr Steuern Sie zahlen müssen, desto höher fällt die Ersparnis aus. Für einen Spitzenverdiener mit 45 Prozent Steuersatz liegt der steuerliche Unterschied bei 20 Prozentpunkten.

Voraussetzungen und Segen der Finanzverwaltung

Einzige Voraussetzung, damit Ihr Finanzamt mit dem Stückzinsenmodell einverstanden ist: Sie müssen mit der Anlage beabsichtigen, einen Gewinn zu erzielen, und zwar unabhängig von jeglichen Steuerspareffekten. Dazu muss der Zinsertrag höher sein als die Summe ihrer gezahlten Stückzinsen plus der Bankspesen für den Erwerb und eventuell Werbungskosten fürs Depot.

Sie erfüllen diese Voraussetzung in der Regel dann, wenn zwischen Kauf und Zinsausschüttung mindestens ein Monat vergeht. Denn dann liegt der positive Zinssaldo regelmäßig über den Bankgebühren. Das Finanzamt darf Ihnen keinen Gestaltungsmissbrauch wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht vorwerfen.

Steuer-Tipp: Sie dürfen Ihre Anlage auch auf Kredit finanzieren. Rechnen Sie aber genau durch, dass über die Laufzeit des Investments kein Verlust entsteht. Denn eine Fremdfinanzierung lässt beim Fiskus alle Alarmglocken klingen.

In Hinblick auf die Abgeltungsteuer hat sich die Oberfinanzdirektion (OFD) Magdeburg jetzt noch einmal ausdrücklich mit dem Stückzinsenmodell einverstanden erklärt (Schreiben vom 13. Juni 2008, Aktenzeichen: S 2252 - 104 - St 214 V). Nach Auffassung der OFD liegt kein steuerschädliches Steuersparmodell vor, wenn ein Anleger in 2008 Anleihen erwirbt, die Stückzinsen als negative Kapitaleinnahmen geltend macht und die Ausschüttung erst im Jahr 2009 unter der Abgeltungsteuer steuerpflichtig ist. Die Finanzämter müssen das Modell also anerkennen.

Extra-Tipps und Fazit für das Stückzinsen-Modell:

Steuer-Tipp 1: Noch mehr Steuern sparen Sie bei Anleihen mit hohem Zinskupon, wenn die Zinsen unmittelbar nach Neujahr ausgeschüttet werden. Dann haben sich schon für nahezu das gesamte Jahr 2008 Stückzinsen angesammelt.

Steuer-Tipp 2: Nicht geeignet sind hingegen "flat gehandelte" Wertpapiere, bei denen die Zinsen am Ende der Laufzeit ausbezahlt werden. Dazu zählen Genussscheine und strukturierte Anleihen, deren Zinshöhe von der Kursentwicklung eines Basiswerts abhängt. Auch Floater mit quartalsweiser Auszahlung weisen nur geringe Stückzinsen aus.

Steuer-Tipp 3: Kaufen Sie die Zinspapiere auf Kredit und setzen Sie die fälligen Kreditzinsen als Werbungskosten bei Ihren Kapitaleinkünften ab! Schließen Sie mit Ihrer Bank im Jahr des Kaufs der Wertpapiere möglichst einen Kredit mit Disagio ab. Dann zahlt die Bank die Kreditsumme nicht voll an Sie aus, sondern behält einen Abschlag (Disagio) ein, der die Werbungskosten beträchtlich erhöht. Achten Sie aber darauf, dass Sie insgesamt einen Gewinn erzielen!

Fazit: Kaufen Sie rechtzeitig vor Jahresende ein Zinspapier mit einem Zinszahlungstermin am Anfang des nächsten Jahres. Dann zahlen Sie beim Kauf besonders hohe Stückzinsen. Verrechnen Sie diese Stückzinsen in Ihrer Steuererklärung 2008 Steuer sparend mit positiven Einkünften.

Beispiel: So sparen Stückzinsen Steuern

Max Clever zeichnet im Dezember 2008 eine Anleihe über 150.000 Euro. Zinssatz: 6,25 Prozent, Zahlung der Zinsen: jeweils im Januar. Nach dem Zinszahlungstermin stößt Max Clever die Anleihe ab, er hält die Wertpapiere also einen Monat.

Beispielrechnung für die Steuerersparnis durch Stückzinsen
Ausgabe/Einnahme/Steuer Betrag
 
Stückzinsen-Rechnung für 2008
gezahlte Stückzinsen für Januar bis November 2008 (150.000 Euro x 6,25 Prozent x 11/12 Monate); entspricht einem Verlust, der direkt mit anderen Einkünften verrechenbar ist 8.594 Euro
Steuerersparnis 2008 (8.594 x 47,5 Prozent (*)) 4.082 Euro
 
Stückzinsen-Rechnung für 2009
Kapitaleinkünfte 2009 (volle 6,25 Prozent auf 150.000 Euro) 9.375 Euro
Abschlagsteuer (26,4 Prozent auf 9.375 Euro (**)) -2.475 Euro
Zinseinkünfte 2009, netto = 6.900 Euro
 
Stückzinsen-Gesamtvorteil
Steuerersparnis 2008 (siehe oben) 4.082 Euro
gezahlte Stückzinsen 2008 -8.594 Euro
Zinseinkünfte 2009, netto + 6.900 Euro
Gesamtvorteil durch Stückzinsen-Modell = 2.388 Euro
 
Stückzinsen-Rendite
In diesem letzten Schritt wurde die Rendite des Stückzinsen-Modells ermittelt. Diese Berechnung ist notwendig, um die gewinnbringendste Anlagemöglichkeit zu bestimmen. Denn gerade zum Ende des letzten Jahres vor der Abgeltungsteuer stehen unzählige verschiedene (steuer)günstige Investitionen zur Auswahl.
Kaufpreis der Wertpapiere 150.000 Euro
plus Stückzinsen +8.594 Euro
Gesamtinvestition 2008 = 158.594 Euro
Gewinn durch Zinseinkünfte und Steuerersparnis (Gesamtvorteil Stückzinsen-Modell, siehe oben) 2.388 Euro
Rendite nach einem Monat (2.388 Euro / 158.594 Euro x 100) rund 1,51 Prozent
Vergleich 1: Rendite vereinfacht hochgerechnet auf ein Jahr rund 18,07 Prozent
Erklärung: Der Wert in "Vergleich 1" stellt beispielhaft dar, welche Rendite das Stückzinsen-Modell einbringt, wenn man den Vorteil des einen Monats aufs Jahr hochrechnet. Zwar handelt es sich mit über 18 Prozent um eine äußerst hohe Rendite, doch ist der tatsächliche Geldbetrag wegen der Monatsfrist vergleichsweise klein.
Vergleich 2: mittlere Rendite, wenn die Zinspapiere insgesamt ein Jahr gehalten werden rund 7,25 Prozent
Erklärung: "Vergleich 2" zeigt einen aussagekräftigeren Wert: Es wird angenommen, dass Max Clever seine Zinspapiere ein weiteres Jahr hält und seine bisherigen Zinsen samt Steuervorteil in die gleichen Papiere komplett reinvestiert. Dadurch wird der kurzfristige Steuervorteil in eine mittelfristige Anlage eingespeist. Max Clever hält seine Zinspapiere also insgesamt 13 Monate, bevor er sie abstößt. Die erwirtschaftete Rendite vor Steuern wurde auf den Vergleichszeitraum von 12 Monaten umgerechnet.
 
(*) 42 Prozent Spitzensteuersatz plus 3 Prozentpunkte Reichensteuer, plus darauf 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag, ergibt 47,475, aufgerundet 47,5 Prozent
(**) 25 Prozent Abgeltungsteuer plus darauf 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag, ergibt 26,375 Prozent, aufgerundet 26,4 Prozent.

Fazit: Max Clever spart durch den Kauf einer Anleihe in den letzten Wochen des Jahres 2008 bis zu 47,5 Prozent (*) Steuern. In einer der ersten Wochen 2009 zahlt er für die Zinsen aus seinem Investment die niedrige Abgeltungsteuer von 26,4 Prozent (**). Insgesamt "verdient" Clever durch das Stückzinsenmodell 2.388 Euro.

Fazit 2: Wenn Max Clever seine Zinspapiere ein weiteres Jahr behält, erwirtschaftet er unterm Strich eine Rendite vor Steuern von rund 7,25 Prozent. Der Zinssatz der Wertpapiere beträgt jedoch nur 6,25 Prozent. Durch das Stückzinsen-Steuersparmodell erhöht er seine Rendite also um einen ganzen Prozentpunkt.

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