Fahrt zur Berufsschule als Dienstreise erstatten lassen

vom 13. Juli 2011 (aktualisiert am 14. April 2020)
Von: Lutz Schumann

Fahrten zur Berufsschule gelten steuerlich als Dienstreise und nicht mehr als Fahrt zur Arbeitsstätte, entschied das Finanzgericht München (FG, Aktenzeichen: 10 K 1056/09). Ein lukrativer Unterschied für Auszubildende: Sie genießen ab sofort eine doppelt so hohe Kilometerpauschale wie bisher. Konkret dürfen sie also eine höhere Kostenerstattung vom Arbeitgeber bekommen oder höhere Werbungskosten in ihrer Steuererklärung geltend machen.

Die Kilometerpauschale steigt deshalb, weil die Azubis sich nicht mehr mit der Pendlerpauschale von 0,30 Euro pro Streckenkilometer zwischen Wohnung und Berufsschule begnügen müssen. Stattdessen dürfen sie 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenen Kilometer ansetzen; also für Hin- und Rückfahrt!

Der zweite große Vorteil: Für Dienstreisen gibt es eine weitere Steuerpauschale für so genannte "Verpflegungsmehraufwendungen". Ihre Höhe hängt davon ab, wie lange der Auszubildende von zu Hause abwesend ist.

Die Verpflegungspauschale

So hoch ist die Verpflegungspauschale für eintägige Auswärtstätigkeit im Inland:

Die Verpflegungspauschale bei einer eintägigen Auswärtstätigkeit (mehr als 8 Stunden Abwesenheit von der Wohnung und erster Tätigkeitsstätte), zu der auch der Besuch der Berufsschule zählt, beträgt 14 Euro (seit 1.1.2020). 

Hinweis: Diese Pauschale gilt auch für Abwesenheiten über 8 Stunden über Nacht ohne Übernachtung. Bei mehrfachen Tätigkeiten an einem Tag können die Zeiten (Abwesenheit von der ersten Tätigkeitsstätte) zusammengerechnet werden.

Was bedeutet das Berufsschul-Urteil finanziell?

Beispiel: Der Maurer-Azubi Stefan Spatel fährt zweimal pro Woche von seinem Wohnort zur 24 Kilometer entfernten Berufsschule. Am Ende des Jahres rechnet er:

Posten Betrag
Fahrtkosten zur Berufsschule: 36 Wochen x 2 Tage x 2 Fahrten x 24 km 3.456 Kilometer
3.456 Kilometer x 0,30 Euro pro Kilometer 1.036,80 Euro
Verpflegungspauschale an Berufsschultagen: 36 Wochen x 2 Berufsschultage x 14 Euro + 980,00 Euro
Steuerpauschalen gesamt 2.016,80 Euro

Stefan Spatel hat nun drei Möglichkeiten, diese Steuerpauschalen zu nutzen:

Möglichkeit 1: Der Azubi lässt sich die 2.016,80 Euro komplett vom Chef erstatten. Darauf sind weder Lohnsteuer noch Sozialabgaben fällig. Dieser Weg ist für ihn finanziell klar der beste. Die Frage ist nur, ob sein Chef damit einverstanden ist. In manchen Tarifverträgen sind solche Erstattungen vorgesehen.

Möglichkeit 2: Azubi Spatel bekommt vom Chef keinen Cent erstattet. Er kann die Steuerpauschalen immerhin noch als Werbungskosten in seiner Steuererklärung geltend machen. In der folgenden Rechnung legen wir eine Ausbildungsvergütung von 14.016 Euro pro Jahr zugrunde sowie die Steuerklasse I inklusive 9 Prozent Kirchensteuer:

Steuer/Werbungskosten Betrag
Lohnsteuer im Jahr 2020 ohne Werbungskosten 1.620 Euro
Lohnsteuer im Jahr 2020 mit Werbungskosten -    0 Euro
Steuererstattung für das Jahr 2020 1.620 Euro

Hinweis: Die Steuerersparnis kommt nur dann voll zum Tragen, wenn der Azubi mit seinen Werbungskosten bereits über dem jährlichen Arbeitnehmerpauschbetrag von derzeit 1.000 Euro liegt. Wenn nicht, dann durchbricht er diese Grenze zumindest mit den Fahrtkosten.

Möglichkeit 3: Der Ausbildungsbetrieb erstattet Stefan Spatel einen Teil seiner Kosten. Den Rest lässt sich immer noch in der Steuererklärung geltend machen.

Welche Voraussetzung gilt für den Berufsschul-Steuervorteil?

Damit die Fahrt zur Berufsschule als Dienstreise gilt, darf sich die Schule nicht am gleichen Standort befinden wie der Ausbildungsbetrieb. Der Azubi muss gezwungen sein, zwei unterschiedliche Strecken zu fahren. Berufsschule und Betrieb dürfen also durchaus in derselben Stadt liegen, müssen aber weit genug voneinander entfernt sein.

Im Urteilsfall vorm FG München ging es um ein Krankenhaus mit angeschlossener Krankenpflegeschule im Nachbargebäude. Daher verweigerten die Richter dem dort beschäftigten Azubi den Reisekostenabzug für den Besuch der Krankenpflegeschule. Ihre Begründung: Da sich die regelmäßige Arbeitsstätte des Azubis im Krankenhaus befindet, fällt auch seine Strecke zur Berufsschule unter die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Reisekosten für eine Auswärtstätigkeit fallen nur dann an, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und regelmäßigen Arbeitsstätte tätig wird.

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