Probesterben: Das Ergebnis auswerten und verbessern

Wenn klar ist, wer erben soll, dann ist Bilanz über das Vermögen zu ziehen. Denn erst dann wird klar, was wirklich vererbt wird. Wo schlummern die Schätze und wo lauern die Risiken? Und wie ist das Ergebnis noch besser zu gestalten? Wir erklären, was zu beachten ist.

Von Andrea Pissarczyk, Steuerberaterin bei Ecovis in Berlin

In den ersten Teilen unserer Serie haben wir geklärt: Warum ist es so wichtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen? Wie stelle ich sicher, dass nur der erbt, der erben soll? Was muss ich bei der Bewertung des Vermögens beachten? Sobald eine Bestandsaufnahme gemacht ist, geht es darum, den Fall der Fälle durchzurechnen.

Das Unternehmen komplett durchleuchten

„Für eine steuerliche Feinjustierung im Sinne des Mandanten müssen wir einen ungeschönten Einblick in die aktuelle Lage des Unternehmens bekommen. Je besser wir uns auskennen, desto besser können wir im Sinne unserer Mandanten handeln“, sagt Andrea Pissarczyk, Ecovis-Steuerberaterin in Berlin, „wir lassen unseren Mandanten also einfach einmal ,probesterben‘.“ So lässt sich beurteilen: Was würde zum jetzigen Zeitpunkt mit dem Unternehmen passieren? Ist der Notfallordner auf dem aktuellen Stand? Und welche Vermögenswerte würden jetzt mit welchen steuerlichen Konsequenzen übertragen? „Dabei sind die Freibeträge der entscheidende Knackpunkt“, erläutert Pissarczyk. Und hier offenbaren sich Handlungsbedarf und Optimierungspotenziale.

Handlungsoptionen ausloten

Liegt das Ergebnis des Probesterbens vor, dann kann der Unternehmer entsprechend handeln. „Erbfolgeänderungen, vorweggenommene Erbfolgen, Kettenschenkungen oder das Super-Vermächtnis sind beispielsweise Möglichkeiten, um das Ergebnis zu optimieren“, sagt Thomas Skora, Rechtsanwalt bei Ecovis in Weiden.

Im nächsten Schritt sind alle Verträge entsprechend anzupassen. Dabei ist auch der Zeitpunkt wichtig, erklärt Skora: „.Überträgt der Unternehmer vor seinem Tod bereits Unternehmensteile an die nächste Generation, sollte er zuvor alle Fragen der Altersvorsorge klären und regeln. Auch Rückforderungsklauseln im Falle einer Scheidung oder bei Insolvenz des Nachfolgers sind in Erwägung zu ziehen.“

Mit Experten sprechen zahlt sich aus

„Bitte formulieren Sie die Verträge nicht selbst ohne Rat eines Experten. Das führt immer wieder zu Missverständnissen und Fehldeutungen“, sagt Skora. Besser ist es, sie professionell begutachten zu lassen: Spiegelt das, was ich formuliert habe, auch meinen tatsächlichen Willen wider? Auf Nummer sicher können Unternehmer gehen, indem sie einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens als Testamentsvollstrecker benennen. Er ist vom Unternehmer über alle möglichen Änderungen auf dem Laufenden zu halten.

Wichtig ist vor allem, sich rechtzeitig um das Thema zu kümmern – und auch die gesetzlichen Anzeigepflichten nicht aus den Augen zu verlieren. Und: „Bei der Nachlassplanung sollten Sie neben rechtlicher Beratung unbedingt auch eine qualifizierte Steuerberatung hinzuziehen.“

Rechenbeispiel: So lässt sich Ihr Erbe optimieren

Ein Unternehmer lebt mit seiner Ehefrau im Güterstand der Gütertrennung. Er hat drei Kinder. Als er stirbt, hinterlässt er ein Vermögen in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Es gibt kein Testament.

• Die gesetzliche Erbfolge: Die Ehefrau erbt die Hälfte des Vermögens, also 750.000 Euro. Der Rest wird zu gleichen Teilen unter den Kindern aufgeteilt. Jedes Kind bekommt also 250.000 Euro. Die Steuerfreibeträge liegen bei 500.000 Euro für die Ehefrau und bei 400.000 Euro für jedes Kind von jedem Elternteil. Die Erbteile der Kinder sind von den Freibeträgen gedeckt, es fallen keine Steuern an. Die Ehefrau muss auf ihren den Freibetrag übersteigenden Anteil elf Prozent Erbschaftsteuer zahlen, also 27.500 Euro.

• Das Optimierungspotenzial: Über ein Testament wird die Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. Sie bekommt also 1,5 Millionen Euro. Die Kinder bekommen jeweils ein Vermächtnis von 400.000 Euro. Das wird vom Vermögen der Ehefrau abgezogen. Ihr Anteil liegt dann nur noch bei 300.000 Euro. Damit sind alle Zuwendungen von den jeweiligen Freibeträgen gedeckt. Die Steuerlast fällt auf 0 Euro.

Glossar „Probesterben“: Erben und Testament

Von A wie Alleinerbe bis Z wie Zugewinnausgleich – wir erklären in jedem Teil unserer Serie Begriffe, die für Unternehmen relevant sind.

• Anzeigepflichten: Anders als etwa bei der Einkommensteuer gibt es keine generelle Steuererklärungspflicht bei Erbschaften und Schenkungen. Diese sind dem Finanzamt aber anzuzeigen. Es entscheidet, ob eine Steuererklärung abzugeben ist oder nicht. Werden Schenkungen und Erbschaften nicht angezeigt, kann das weitreichende negative Folgen haben.

• Kettenschenkung: Mithilfe einer Kettenschenkung lassen sich höhere Freibeträge nutzen. Dabei wird Vermögen beispielsweise an den Ehegatten verschenkt. Dieser gibt das Geschenk (ohne Zwang) an einen Dritten weiter.

• Rückforderungsklausel: Mit ihr schützen sich Unternehmer vor bösen Überraschungen. Damit lässt sich festlegen, dass eine Schenkung an den Ehepartner bei einer Scheidung zurückzugeben ist.

• Testamentsvollstrecker: Person, die der Erblasser ernennt, um sicherzustellen, dass sein letzter Wille auch ausgeführt wird.

Notfallordner – ein Muss: Hier sind alle wichtigen Dokumente wie Vollmachten, Verfügungen oder Passwörter zu sammeln, um den Fortbestand des Unternehmens nicht zu gefährden, sollte Chefin oder Chef etwas passieren. Mehr dazu finden Sie auch hier: https://de.ecovis.com/leistungen/weitere/notfallordner/