02.04.2020

Kurzarbeitergeld: Rettung (nicht nur) in Corona-Virus-Zeiten

Die Ausbreitung des Corona-Virus bedroht (deutsche) Arbeitsplätze. Die meisten Firmen mussten ihren Betrieb bereits schließen. Um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, können Arbeitgeber Kurzarbeit anmelden und für ihre Mitarbeiter/innen bei den Arbeitsagenturen Kurzarbeitergeld beantragen. Die Bundesregierung hat zudem in einem Eilverfahren die Regelungen für das Kurzarbeitergeld (KUG) weiter verbessert und per Eil-Gesetz am 13. März 2020 beschlossen. Rückwirkend ab 1. März 2020 gelten diese Erleichterungen beim KUG.

Von Lutz Schumann, Herausgeber und Chefredakteur

Am 13. März 2020 beschlossen Bundestag und Bundesrat das „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld" im Eilverfahren. Schon am nächsten Tag wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Auslöser dieser bislang kaum gekannten Eile unserer Volksvertreter ist der Virus COVID-19, besser bekannt als „Corona", der momentan weltweit zu einer Bedrohung der Gesundheitssysteme geworden ist. Zudem droht ein Kollaps der Wirtschaft, da viele Firmen im März ihrer Produktion einstellen mussten. Automobilhersteller, Kaufhäuser, Restaurants und Fitnessstudios, Friseure und viele andere Unternehmen mussten schließen. Von heute auf morgen können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht mehr beschäftigen.

Schon während der Weltwirtschaftskrise 2008/09 war das Kurzarbeitergeld ein Rettungsschirm für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die damalige Krise führte zu 1,4 Millionen Arbeitslosen. Diesmal rechnen die Experten sogar mit 2,1 Millionen Arbeitslosen. 

Um Entlassungen zu vermeiden, können Arbeitgeber Kurzarbeit anmelden und für ihre Arbeitnehmer bei den Arbeitsagenturen Kurzarbeitergeld (KUG) beantragen. Die bestehenden KUG-Regelungen wurden durch das am 13. März beschlossene Gesetz und die entsprechende Rechtsverordnung modifiziert und der Zugang von Unternehmen zur Kurzarbeit erleichtert. Die Neuregelungen gelten rückwirkend zum 1. März 2020 zunächst bis zum 31. Dezember 2021.

Dieser Beitrag soll Arbeitnehmern ebenso wie Arbeitgebern erklären, wie Kurzarbeit und KUG funktionieren und wie die gerade beschlossenen Neuregelungen aussehen. Mit unserem kostenlosen KUG-Rechner können Sie sich Ihr persönliches Kurzarbeitergeld ausrechnen lassen.

Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit liegt nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches (SGB) III vor, wenn in Betrieben oder Betriebsabteilungen die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit infolge wirtschaftlicher Ursachen oder eines unabwendbaren Ereignisses vorübergehend verkürzt wird. Neben der Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit muss auch der Lohn bzw. das Gehalt der betroffenen Mitarbeiter gekürzt werden.

Davon profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Letztere ersparen sich die andernfalls drohende Arbeitslosigkeit. Und dem Arbeitgeber bleibt so eingearbeitetes Personal erhalten. Er muss nicht, wenn die derzeitige Krise überwunden, mühsam neues Personal beschaffen und für dessen Einarbeitung sorgen.

Kurzarbeit bei mehr als 10 Prozent Arbeitsausfall

Arbeitnehmer mit einem Arbeitsausfall von mehr als 10 Prozent haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld (KuG) – egal wie viele weitere Mitarbeiter hiervon noch betroffen sind. Die bisher geltende Voraussetzung, dass mindestens ein Drittel der Belegschaft von der Kurzarbeit betroffen sein muss, wurde wegen der Corona-Virus-Krise bis Ende 2021 ausgesetzt. Aktuell reicht es, wenn 10 Prozent der Belegschaft von Kurzarbeit betroffen sind.

Ob letztere Neuregelung eine besondere Auswirkung hat, muss sich zeigen. Es steht zu befürchten, dass in der derzeitigen Corona-Krise in den Betrieben die Arbeit fast vollständig wegbricht und es daher wohl häufig zu "Kurzarbeit Null" kommen wird.

Muss in Ihrem Betrieb die Arbeit komplett eingestellt werden, so spricht der Gesetzgeber von „Kurzarbeit Null“

Was passiert mit Arbeitszeitkonten?

Bislang wurde kein KUG gezahlt, wenn zum Beispiel in Betriebsvereinbarungen festgelegt war, dass Beschäftigte Minusstunden auf Arbeitszeitkonten aufbauen konnten. Geregelt sein kann beispielsweise, dass Arbeitnehmer in einem Monat zum Beispiel bis zu 30 Stunden weniger arbeiten können und diese Minderarbeit dann in den kommenden Monaten wieder durch Mehrarbeit ausgleichen. Künftig müssen solche Minusstunden nicht mehr zur Vermeidung von Kurzarbeit "genutzt" werden.

Diese Regelung gilt zunächst bis Ende 2021. Positive Arbeitszeitkonten müssen aber nach wie vor aufgebraucht werden, ehe es KUG gibt. Mit folgenden Ausnahmen: Wenn die Zeitguthaben zur Verkürzung der Lebensarbeitszeit genutzt werden sollen oder sie länger als ein Jahr unverändert bestanden haben oder 10 Prozent der Jahresarbeitszeit übersteigen.

Dauer des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld

Die maximale Dauer des KUG-Bezugs beträgt derzeit 12 Monate. Dies gilt seit 2013. Liegen auf dem Arbeitsmarkt außergewöhnliche Verhältnisse vor, kann das Bundesarbeitsministerium die Bezugsdauer mit einer Verordnung auf zwei Jahre verlängern. Das war zum Beispiel 2009 in der Zeit der Finanzmarktkrise der Fall. Möglicherweise erfolgt auch wegen der Corona-Krise eine entsprechende Verlängerung.

Zudem gilt: Kurzarbeitergeld gibt es nur, wenn das Brutto-Gehalt während der Kurzarbeit unter

  • 6.900 Euro im Westen bzw.
  • 6.450 Euro im Osten liegt.

Diese Werte gelten für 2020. 

Wer trotz Kurzarbeit ein höheres Brutto-Entgelt erzielt, bekommt kein Kurzarbeitergeld. Wer das gesetzliche Rentenalter überschritten hat und auch Minijobber gehen beim Kurzarbeitergeld ebenfalls leer aus.

Aktuelle Änderungen! Kurzarbeitergeld steigt ab 1. Mai 2020

  • Arbeitnehmer in Corona-bedingter Kurzarbeit, deren Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert ist, erhalten künftig mehr Geld, wenn die Kurzarbeit eine bestimmte Dauer überschreitet: Ab dem 4. Monat des Kurzarbeitergeldbezugs steigt das Kurzarbeitergeld (KUG) auf 70 Prozent des entgangenen Nettoentgelts (77 Prozent für Haushalte mit Kindern); ab dem 7. Monat des KuG-Bezuges steigt das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent des entgangenen Nettoentgelts (87 Prozent für Haushalte mit Kindern). Diese Regelung gilt bis zum 31. Dezember 2020.
  • Die Regierungskoalition erweitert zudem die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Beschäftigte in Kurzarbeit: Künftig dürfen Kurzarbeiter/innen aller Berufe bis zur vollen Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen. Diese Regelung gilt vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 2020.
  • Zudem wurde die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I (ALG I) um 3 Monate für alle Bezieher verlängert, deren Anspruch auf ALG I zwischen dem 1. Mai und 31. Dezember 2020 enden würde.

Ohne Zustimmung durch den Mitarbeiter oder Betriebsrat läuft nichts

Die Kurzarbeit darf in einem Betrieb nur dann durch den Arbeitgeber angeordnet werden, wenn dies vorher mit dem Betriebsrat vereinbart wurde. Gibt es in Ihrem Unternehmen keinen Betriebsrat, so muss der Arbeitgeber, vor der Anordnung der Kurzarbeit, jeden einzelnen Arbeitnehmer fragen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann Kurzarbeit nur dann angeordnet werden, wenn die Mitarbeiter einverstanden sind, dass die wöchentliche Arbeitszeit vorübergehend reduziert wird. Grundsätzlich gilt und das ist zu beachten, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit einzuhalten ist.

Das Einkommen während der Kurzarbeit

Höhe des Kurzarbeitergeldes

Das KUG beträgt mit kindergeldberechtigten Kind/ern 67 Prozent des ausfallenden, pauschalierten Nettoarbeitsentgelts, ansonsten 60 Prozent.

Berechnung des Kurzarbeitergeldes

Das bedeutet, dass zunächst das "normale" Nettoarbeitsentgelt (in der vereinbarten Arbeitszeit, ohne Einmalzahlungen!) errechnet werden muss. Das wird dann in einem zweiten Schritt von dem tatsächlichen Entgelt in der Kurzarbeit, einschließlich aller Zuschläge, abgezogen.

Das Einkommen eines Kurzarbeiters setzt sich während der Kurzarbeit aus folgenden zwei, beziehungsweise drei Bestandteilen zusammen.

  • Entgelt aus der Teilzeitbeschäftigung
  • Kurzarbeitergeld (KUG) der Arbeitsagentur
  • eventuell ein Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers (freiwillige Zahlung)

TIPP: Um zu errechnen, wie hoch Ihr Einkommen während der Kurzarbeit ist, nutzen Sie unseren einfach zu bedienenden, kostenlosen Kurzabeitergeld-Rechner (KUG).

Anzeige bei der Agentur für Arbeit

Die Kurzarbeit muss vom Arbeitgeber bei der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt werden. Die Anzeige muss mit einem Formblatt erfolgen, welches von der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt wird. Zu beachten ist, dass mit der Anzeige auch eine Stellungnahme des Betriebsrates beigefügt werden muss. Erst wenn die Anzeige bei Agentur für Arbeit vollständig vorliegt, kann Kurzarbeitergeld gezahlt werden.

Sozialversicherung

In der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung besteht auch während der Kurzarbeit Versicherungs- und Beitragspflicht. In der Arbeitslosenversicherung richtet sich das Fortbestehen der Versicherungs- und Beitragspflicht nicht nach dem Bezug des Kug. Allein entscheidend ist hier der Arbeitsausfall. Während des Bezuges von Kurzarbeitergeld muss der Arbeitgeber für die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung alleine aufkommen. Zur Arbeitslosenversicherung sind während des Bezuges von Kug keine Beiträge zu entrichten.

Weitere Informationen und Formulare:

Weitere Informationen zum KUG der Arbeitsagentur: https://www.arbeitsagentur.de/datei/merkblatt-8a-kurzarbeitergeld_ba015385.pdf

KUG-Formulare: https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslos-arbeit-finden/download-center-arbeitslos

Aufstockungsbetrag des Arbeitgebers

Hinzu kommen unter Umständen noch Aufstockungsbeträge oder Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld, die der Arbeitgeber zahlt. In einer Reihe von Tarifverträgen sind diese vorgesehen – so etwa in der Chemischen Industrie. Diese Aufstockungsbeträge werden nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet – solange in der Kurzarbeit überhaupt noch ein Entgeltausfall gegeben ist.

Achtung Progressionsvorbehalt

Der oben genannte Nettowert ist allerdings mit einer gewissen Vorsicht zu beachten – und zwar in Hinblick auf die Steuer. Denn Kurzarbeitergeld ist zwar selbst nicht steuerpflichtig, es sorgt aber dafür, dass der in einem Kalenderjahr bezogene Arbeitslohn später stärker mit Steuern belegt wird. Im Folgejahr kommt es dann oft zu Nachforderungen. Sicherheitshalber sollten Kurzarbeiter daher monatlich 50 bis 100 Euro fürs Finanzamt zurücklegen.

Wer allerdings keinen verdienenden Ehepartner hat und das ganze Jahr über "Kurzarbeit Null" macht – also gar nicht arbeitet und keinen Teilzeitlohn erhält – muss auch keine Steuern abführen.

Einkommensaufstockung durch einen Nebenjob

In vielen Branchen und in den meisten Kleinbetrieben stockt der Arbeitgeber das Entgelt in der Kurzarbeit nicht auf. Die Betroffenen haben selbst allerdings die Möglichkeit, ihre Einkünfte durch einen Nebenjob zu erhöhen. Dabei gilt Folgendes:

Ist ein Nebenjob während der Kurzarbeit überhaupt erlaubt?

Grundsätzlich ja. Er muss sich allerdings mit der reduzierten Arbeit im Stammbetrieb vereinbaren lassen. Die Arbeitsagenturen können Kurzarbeitern sogar (Neben-)Beschäftigungen anbieten und die Betroffenen sind zur Annahme dieser Jobs verpflichtet. Dies regelt Paragraf 98 des dritten Sozialgesetzbuchs (SGB III). Danach sind "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von einem erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen sind, … in die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit einzubeziehen."

Weigern sich die Betroffenen, eine solche Stelle anzunehmen, müssen sie danach sogar mit einer Sperrzeit rechnen. Allzu realistisch ist die Annahme, dass Kurzarbeitende von den Arbeitsagenturen Arbeitsangebote erhalten, allerdings gerade in "Corona-Zeiten" nicht. Häufiger wird es jedoch passieren, dass Kurzarbeiter selbst einen Nebenjob finden. Dieser muss dann sofort angemeldet werden – und zwar beim Lohnbüro in der Stammfirma oder der Arbeitsagentur.

Was ist arbeitsrechtlich bei einem Nebenjob zu beachten?

Die Betroffenen müssen sich an die üblichen arbeitsrechtlichen Regeln für Nebenjobs halten. Das bedeutet vor allem: Ein Nebenjob bei der Konkurrenz muss für sie Tabu sein und sie dürfen auch bei einer freiberuflichen Nebentätigkeit ihrem Stamm-Arbeitgeber keine Konkurrenz machen.

Wie wirkt sich der Lohn aus dem Nebenjob auf das Kurzarbeitergeld aus?

Das hängt ganz davon ab, wann der Job aufgenommen wurde. Viel bringt er, wenn er rechtzeitig angetreten wurde.

Was bedeutet "rechtzeitig"?

Nach dem Gesetz kommt es darauf an, ob die Nebenbeschäftigung "während des Bezugs von Kurzarbeitergeld" aufgenommen wurde – oder schon vorher. Geregelt ist das in Paragraf 106 Absatz 3 SGB III. Wurde die Nebenbeschäftigung bereits vorher angetreten, so darf sie aufs KUG nicht angerechnet werden.

Was bedeutet das praktisch?

Kurzarbeit wird oft nicht von heute auf morgen aufgenommen. Wer beispielsweise am 9. April erfährt, dass in seinem Betrieb ab Mai Kurzarbeit geplant ist, kann sich sofort auf die Suche beispielsweise nach einem Minijob machen. Wer noch vor Mai kurzfristig einen 450-Euro-Job beginnt, kann so einen erheblichen Teil des Einkommensausfalls kompensieren.

Was ist, wenn der Nebenjob erst während der Kurzarbeit angetreten wird?

Auch dann erhöht sich das verfügbare Einkommen der Betroffenen noch durch den Nebenjob. Es gelten jedoch relativ harte Anrechnungsregeln. Denn die Einkünfte während der Kurzarbeit werden zum Nettoentgelt in der Teilzeitarbeit addiert. Das Kurzarbeitergeld fällt dann erheblich niedriger aus.

Tipp: Entschädigungen für Quarantäne

Hinweis: Neben dem bekannteren KUG gibt es eine weitere staatliche Leistung, die im Zusammenhang mit dem grassierenden Corona-Virus von Bedeutung ist: Die Entschädigung nach § 56 IfSG (Infektionsschutzgesetz). Diese Regelung ist für die direkten Opfer des Virus vorgesehen, die einem Tätigkeitsverbot unterliegen, sich in Quarantäne befinden und einen Verdienstausfall erleiden. Sie erhalten grundsätzlich eine Entschädigung, die sich nach dem Verdienstausfall richtet. Nähere Informationen findet Sie u.a. auf dem Themenportal "Entschädigung bei Quarantäne und Tätigkeitsverbot" der Landschaftsverband Rheinland (LVR).