Hausverlosung: Abzocken darf nur der Staat

vom 05. März 2009 (aktualisiert am 20. Oktober 2013)
Von: Carsten Wegner

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute habe ich eine Knobelaufgabe für Sie: Finden Sie eine Lösung, mit der Sie Ihr Haus verkaufen und dabei so viel Geld einnehmen, wie Sie möchten - und das, obwohl niemand auf dem Markt bereit ist, so viel zu bezahlen. Nein, um Erpressung oder Gewaltandrohung geht es hier nicht, denn der neue Eigentümer soll sich ungemein über das Geschäft freuen.

Völlig irrwitzig und in jeder Hinsicht eine Verschwendung von Zeit und Gehirnzellen?

Ein Österreicher hat's geschafft!

Wirklich: Ein Österreicher hat Ende Januar 2009 seine 400 Quadratmeter große Villa in Klagenfurt kurzerhand verlost. Die 9.998 Lose à 99 Euro waren innerhalb weniger Tage vergriffen. Er nahm mit dieser Aktion etwas weniger als eine Million Euro ein.

Ebenso wenig zu glauben: Er besaß sogar die Genehmigung des österreichischen Finanzministeriums. Die hatte er sich zuvor eingeholt, um rechtliche Schritte durch erfolglose Mitspieler zu verhindern. Denn auch in Österreich gibt es ein staatliches Lottomonopol. Das Ministerium erlaubte ihm diese Art des Glücksspiels unter der Auflage, dass er es einmalig und nicht gewerbsmäßig betrieb.

Traumhaus zum Traumpreis

So grotesk die Geschichte auch klingt, so ist sie dennoch nicht das einzige Beispiel. Zahlreiche Immobilienbesitzer in Europa machten in kürzester Zeit ein Vermögen, zahlreiche Teilnehmer verwirklichten für weniger als 100 Euro ihren Traum vom Eigenheim. Meist handelte es sich um Häuser und Wohnungen, für die sich auf herkömmlichen Wegen keine Abnehmer fanden.

Auch in Deutschland versuchte Anfang des Jahres ein Immobilienbesitzer, sein Anwesen zu verlosen. Der Münchner Immobilienbesitzer hatte 48.000 Lose zum Preis von jeweils 19 Euro angeboten. Um nicht als (verbotenes) Glücksspiel eingestuft zu werden, gestaltete er seine Hausverlosung so, dass die angepeilte Teilnehmerzahl von 48.000 durch mehrere Quiz-Runden auf 100 sinken sollte. Der Gewinner sollte das Haus in einem Vorort von München erhalten, der Zweite einen Kleinwagen, die Nächstplatzierten kleinere Preise.

Doch die bayerische Glücksspielaufsicht verbot die Aktion kurzerhand. Ihre Begründung: Eine derartige Aktion verstoße in mehreren Punkten gegen das geltende Recht. Glücksspiele im Internet seien generell verboten, private Lotterien dürften grundsätzlich nur von gemeinnützigen Veranstaltern und für gemeinnützige Zwecke angeboten werden. Mittlerweile liegen erste abschlägige Amtsgerichtsurteile zu Hausverlosungen vor.

Gipfel der Scheinheiligkeit

Das Aus für die trickreiche Verlosung war zu erwarten. In Deutschland entscheidet ausschließlich der Staat, wer mit Glücksspielen Gewinn erwirtschaften darf. Zudem kassiert er kräftig mit. Deshalb ist bei vielen staatlichen Glücksspielen, vor allem dem deutschen Lotto, das Verhältnis zwischen Einsatz, Gewinnhöhe und Gewinnwahrscheinlichkeit deutlich schlechter als bei obiger Hausverlosung. Wo kämen wir da hin, wenn jeder dem deutschen Staat beim Abzocken ins Handwerk pfuschte!

Hier zu Lande dürfen private Unternehmen nicht einmal mehr Lottoscheine übers Internet annehmen, seit die Landesgesellschaften selber über die technischen Möglichkeiten dazu verfügen. Und das, obwohl die Anbieter Jaxx, Tipp24 & Co. nicht einmal eigene Glücksspiele bewarben, sondern lediglich das offizielle deutsche Lotto vertrieben. Noch vor einigen Jahren waren die gewerblichen Internet-Annahmestellen kein Problem für den technisch rückständigen Lottoblock, einige Länder schlossen sogar Verträge mit den Privaten. Doch wegen des neuen Glücksspielstaatsvertrags mussten sie ins Ausland abwandern.

Diese Scheinheiligkeit wiederum ist es, über die ich mich wirklich ärgere. Hausverlosungen? Herrje, das ist kein Thema. Da sagt einem doch der gesunde Menschenverstand, dass sie sich bestenfalls in einem rechtlichen Graubereich abspielen. Solche Veranstalter nutzen das brennende Verlangen und den abgeschalteten Verstand der Menschen aus, die glauben, für wenige Euro das große Glück geschenkt zu bekommen.

Aber raten Sie mal, zu welchem Mittel die öffentliche Hand demnächst greift, wenn sie mal keinen Abnehmer für eine ihrer Immobilien findet!

Herzlichst, Ihr

Carsten Wegner
Herausgeber