Bundesfinanzminister Steinbrück zeigt Steuerberatern die kalte Schulter

vom 27. Oktober 2006 (aktualisiert am 15. Januar 2018)
Von: Lutz Schumann

Liebe Leserin, lieber Leser,

da staunten die rund 1.500 Steuerberater nicht schlecht, die der Grußrede von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück anlässlich des 29. Deutschen Steuerberatertags in Berlin lauschen wollten: Der oberste deutsche Kassenwart hatte seinen Auftritt kurzfristig abgesagt und stattdessen eine Staatssekretärin geschickt. Seine Partei war ihm wichtiger als die Steuerberater, immerhin kompetente Partner der Finanzverwaltung. Die Absage verwundert umso mehr, als der diesjährige Steuerberatertag nur wenige Kilometer vom Berliner Regierungszentrum stattfand.

Insider munkeln, dies sei ein Zeichen für das unterkühlte Verhältnis zwischen Steuerberatern und der Großen Koalition. Immerhin zog Jürgen Pinne, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands e. V. (DStV), eine überwiegend negative Bilanz der bisherigen Steuerpolitik der Bundesregierung. Er mahnte erneut eine grundlegende Reform der Unternehmensbesteuerung an und forderte die Politik auf, attraktive Rahmenbedingungen für nationale und internationale Unternehmen zu schaffen und nicht durch nationale Abschottung Investoren abzuschrecken.

Zudem vermisse er eine steuerpolitische Vision, führte Pinne weiter aus. Nur wenn verstanden werde, wohin die Reise gehen solle, würden die Bürger Einschnitte hinnehmen. Bislang werde das Bild vermittelt, dass die Regierung sich nur bei dem Thema "Steuererhöhungen" einig sei. Während man sich im Koalitionsvertrag noch zu Steuervereinfachungen und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bekannte, wurden diese Prinzipien schon kurze Zeit später über Bord geworfen. Der Eindruck, der sich festsetzt, sei der einer unkoordinierten Steuerpolitik nach Kassenlage.

Auch ich war in Berlin und habe die 3 Tage für intensive Gespräche und Diskussionen mit Steuerberatern und -spezialisten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Gerichten und Politik genutzt – zum Wohle meiner Leser. So viel sei verraten: Die Steuergesetze und die -rechtsprechung lassen noch genügend Spielraum für clevere Steuergestaltungen offen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und verbleibe mit besten Grüßen

Lutz Schumann

Lutz Schumann
Chefredakteur