Abgeordnete sind keine normalen Steuerzahler

vom 05. November 2005 (aktualisiert am 17. Januar 2018)
Von: Lutz Schumann

Liebe Leserin, lieber Leser,

als regelmäßiger Leser des "Steuer-Schutzbriefs" wissen Sie, dass unsere Bundestagsabgeordneten eine üppige Pauschale zur Beschäftigung von Mitarbeitern in Höhe von 9.720 Euro pro Monat und zusätzlich noch eine Werbungskostenpauschale von 7.500 Euro erhalten. Im Unterschied zu uns normalen Steuerzahlern müssen die Volksvertreter dem Finanzamt gegenüber die Ausgaben nicht mit Belegen nachweisen. Bei uns dagegen verlangt der Fiskus für jeden Euro, den wir für unsere Firma oder als Arbeitnehmer ausgeben, einen schriftlichen Beleg.

Gegen diese Ungleichbehandlung läuft derzeit ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH). Seitdem ergehen alle Einkommensteuerbescheide in diesem Punkt vorläufig. Sie brauchen also nichts zu tun, um von einem eventuell positiven Urteil zu profitieren.

Nachtrag/Aktualisierung: Die Frage ist mittlerweile beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig (Aktenzeichen: EGMR - 7227/11 und EGMR - 7258/11).

Doch ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang als Beispiel die Argumente eines Politikers nennen, der dieses Privileg verteidigt. Denn sie zeigen deutlich, dass unsere Volksvertreter krampfhaft an den eigenen Pfründen festhalten.

"Abgeordnete sind keine normalen Steuerzahler...", mit diesem Satz rechtfertigt sich MdB Joachim Poß, stellvertretender SPD-Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher seiner Partei. Außerdem sei der Verwaltungsaufwand bei exaktem Nachweis der Werbungskosten viel zu hoch. Und: Ein Abgeordneter sei immer im Dienst und kenne kein Privatleben.

Angesichts solcher Argumente könnte man doch glatt den Glauben an die Selbstlosigkeit unserer Volksvertreter verlieren...

Ich denke, die Politiker müssen jetzt handeln, um ihr Ansehen bei den Bürgern nicht gänzlich zu verlieren. Und mit Handeln meine ich, dass sie bei der Suche nach neuen Einnahmequellen und Streichpositionen sich selbst nicht vergessen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes und hoffentlich erholsames Wochenende, Ihr

Lutz Schumann

Lutz Schumann
Chefredakteur