BFH: Entschädigungen für ehrenamtliche Richter*innen sind steuerpflichtig

Von Lutz Schumann, Chefredakteur, Herausgeber und ehrenamtlicher Finanzrichter

Für ihre Tätigkeit vor Gericht erhalten die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter sowie Schöffinnen und Schöffen Entschädigungen nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG), etwa für Zeitversäumnis, Verdienstausfall, Fahrtkosten und sonstige Aufwendungen. Die erhaltenen Entschädigungen müssen sie - zumindest teilweise - als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit versteuern, entschied das Finanzgericht Stuttgart für das Streitjahr 2010 (Az. 12 K 1205/14). Der Kläger ist neben seiner nichtselbstständigen Tätigkeit ehrenamtlicher Richter. Er erhielt im Streitjahr 2010 für seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter Reisekosten, eine Entschädigung für den Verdienstausfall von höchstens 20 Euro je Stunde bzw. bei zeitintensiven Verfahren von höchstens 39 Euro je Stunde unter Berücksichtigung der Höhe des regelmäßigen Bruttoverdiensts sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis von 5 Euro je Stunde nach dem Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz (JVEG). Im Haushaltsplan Baden-Württemberg 2010/11 sind Entschädigungen für ehrenamtliche Richter ausgewiesen.

Ehrenamt schließt Besteuerung  der Entschädigung nicht aus

Der Kläger gab in seiner Steuererklärung an, die Entschädigungen nach dem JVEG seien nicht steuerbar. Sie seien keiner Einkunftsart zuzuordnen und steuerfrei. Der Beklagte behandelte die Entschädigungen nach dem JVEG mit Ausnahme der Reisekosten als steuerpflichtige Einnahmen bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers. Das FG Stuttgart hat entschieden, dass die Entschädigungen des Klägers für seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter steuerpflichtige Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sind. Nach Auffassung des Finanzgerichts schließt die Ausübung eines Ehrenamts eine Besteuerung nicht aus. Der Kläger führe seine Tätigkeit höchstpersönlich ohne feste Bezüge aus und sei in seiner Entscheidungsfindung nicht weisungsgebunden. Er schulde einen Arbeitserfolg und zwar die Mitwirkung an einer Entscheidung. Eine zuvor vereinbarte Arbeitszeit habe er nicht abzuleisten. Die Entschädigungen seien vom bestehenden Arbeitsverhältnis unabhängig und damit nicht bei diesem zu berücksichtigen. Einer Besteuerung stehe nicht entgegen, dass der Kläger zur Ausübung des Amtes gesetzlich verpflichtet sei und ein Ehrenamt ausübe. Auch Zahlungen aus öffentlichen Kassen könnten Einnahmen sein, die durch eine Erwerbstätigkeit veranlasst sind. Es gebe keine Norm, die Entschädigungen für ein Ehrenamt von der Besteuerung ausnehme.

BFH schafft Klarheit für ehrenamtliche Richter*innen und Schöffen*innen

Mit seiner Entscheidung schafft der Bundesfinanzhof (BFH) Klarheit bei den etwa 60.000 ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und bei den Fachgerichten, indem er sie zukünftig steuerrechtlich besser behandelt (Aktenzeichen IX R 10/16).

Steuerfrei ist nach der BFH-Entscheidung nach wie vor die Aufwandsentschädigung bei Terminen außerhalb des Wohnortes in Form von Tagegeld und gegebenenfalls Übernachtungsgeld, Kosten für Fotokopien und Fahrtkosten.

Hinzu kommt jetzt, dass auch die pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von derzeit 6 Euro steuerfrei ist. Je nach Dauer der Sitzung kann hier ein erheblicher Betrag zusammen kommen.

Steuerpflichtig bleibt jedoch die Entschädigung für Verdienstausfall. Dieses Urteil erscheint gerechtfertigt: Denn diese Entschädigung soll den Verlust ausgleichen, der dadurch entsteht, dass der ehrenamtliche Richter wegen des Gerichtstermins nicht gearbeitet hat. Wäre er seiner Tätigkeit nachgekommen, wäre das dadurch erworbene Entgelt ebenfalls steuerpflichtig  gewesen. Die BFH-Entscheidung ist insofern konsequent, den ehrenamtlichen Richter und Schöffen nicht besser zu stellen.