Ein französischer Trust? Die Möglichkeiten und Grenzen der Fiducie

vom 07. Mai 2008 (aktualisiert am 23. Januar 2012)
Von: Marc Zeindler, Zeindler Avocats, Nizza

Seit Anfang 2007 lässt sich auch in Frankreich Vermögen Steuern sparend auf eine Treuhandgesellschaft übertragen. Lange wurde eine solche Rechtsform nach dem Vorbild des angelsächsischen "Trust" gefordert. Der Rechtsanwalt Marc Zeindler aus Nizza erklärt in diesem Artikel, wie die "Fiducie" funktioniert, welche Steuervorteile sie bietet und wie sie im Vergleich zum Trust zu sehen ist.

Wie eine "Fiducie" funktioniert

Ein Treuhandgeber (Constituant) überträgt Wirtschaftsgüter oder Rechte in einem Vertrag auf einen Treuhandnehmer (Fiduziar). Dieser verpflichtet sich, die übertragenen Güter oder Rechte für einen klar festgelegten Zweck zugunsten der Begünstigten (Bénéficiaires) zu verwalten und zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzugeben.

Die übertragenen Vermögensgegenstände bilden ein Sondervermögen (patrimoine d’affectation), das vom persönlichen Vermögen des Treuhandnehmers getrennt ist. Das französische Gesetz erkennt dem Begünstigten kein Recht an diesen Vermögensgegenständen an. Der Fiduziar ist Alleineigentümer. Dies steht im Gegensatz zum Trust nach angelsächsischem Recht, wonach der "trustee" (Fiduziar) ein gesetzliches Recht (common law) und der Begünstigte ein Billigkeitsrecht (equity) am Vermögen besitzen.

Sowohl der Treuhandgeber der "Fiducie" wie auch der Fiduziar müssen in der EU oder in einem Land ihren Wohnsitz haben, welches mit Frankreich ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit einer Rechtshilfeklausel für Steuerbetrug und Steuerflucht geschlossen hat.

Der Treuhandnehmer muss die Qualifikation eines Finanz-, Versicherungs- oder Investitionsunternehmens besitzen. Für den Treuhandgeber kommt nur eine körperschaftsteuerpflichtige juristische Person infrage. Die Begünstigten können natürliche oder juristische Personen sein, die ihren Wohnsitz nicht in Frankreich haben müssen. Der Treuhandgeber oder der Treuhandnehmer können Begünstigte der "Fiducie" sein.

Normalerweise ist der Treuhandgeber einer der Begünstigten. Das ergibt sich daraus, dass meist nicht näher festgelegt ist, was nach Ablauf der "Fiducie" mit den übertragenen Gegenständen oder Rechten geschehen soll. Das Eigentum fällt dann an den Treuhandgeber zurück.

Inhalt des "Fiducie"-Vertrags

Die "Fiducie" besteht aus einem schriftlichen Vertrag, welcher folgende Bestimmungen enthalten muss:

  • Genaue Bezeichnung der übertragenen Güter, Rechte oder Garantien,
  • Identität des Begründers und des Fiduziars,
  • Bezeichnung der Begünstigten oder die Regeln, nach denen sie bestimmt werden sollen,
  • Auftrag des Fiduziars und Umfang seiner Ermächtigung,
  • Dauer, begrenzt auf höchstens 33 Jahre.

Die "Fiducie" wird beendet durch

  • Zeitablauf,
  • Erfüllung des vorgesehenen Zwecks,
  • Wegfall der Körperschaftsbesteuerung für den Begründer.

Wie die "Fiducie" steuerlich behandelt wird

Das Besondere: Eine Fiducie wird steuerneutral gegründet, wenn der Treuhandgeber auch der Begünstigte oder einer der Begünstigten ist. Dies bedeutet, dass Gewinne oder Verluste sowie Kapitalgewinne oder -verluste, welche sich bei der Übertragung auf ein Fiduziarvermögen ergeben, nicht besteuert werden. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass der Fiduziar die übertragenen Vermögensgegenstände, in seiner Buchhaltung steuerlich zu denselben Werten verbucht, wie sie beim Begründer verbucht waren. Das Treuhandverhältnis wird steuerneutral behandelt, und zwar sowohl bei seiner Gründung als auch während der Ausübung.

So werden bei der Übertragung der Wirtschaftsgüter auf die Treuhandschaft weder stille Reserven beim Treuhandnehmer versteuert noch die Erträge, die sich während der Verwaltung ergeben. Der Treuhandgeber besitzt eine Forderung gegen den Fiduziar in Höhe des buchhalterischen Werts der übertragenen Gegenstände. Die Bemessungsgrundlage der Erträge aus dem Fiduziarvermögen wird nach den Regeln ermittelt, die für die Besteuerung der Personengesellschaften gelten. Die dadurch ermittelten Erträge werden anschließend den übrigen Erträgen des Treuhandgebers hinzugerechnet und entsprechend besteuert.

Dagegen sieht das Gesetz vor, dass der Treuhandnehmer Mehrwertsteuerschuldner wird. Er unterliegt mit der Tätigkeit, die die Treuhand ausübt, der Gewerbesteuer.

Die Erträge des Fiduziarvermögens werden im Namen des Begründers besteuert, welcher unter dem Titel der "Fiducie" als Forderungsgläubiger betrachtet wird.

Fazit: Die Fiducie ist nur ein Mini-Trust

Es zeigt sich, dass die französische "Fiducie" noch weit vom angelsächsischen Trust entfernt ist. Die Gestaltung der "Fiducie" ist ein weiterer Beweis dafür, dass unsere kontinentale Rechtsordnung Schwierigkeiten damit hat, die Institution "Trust" zu übernehmen. Das französische Recht und vor allem das Steuerrecht haben noch immer große Mühe, sich vorzustellen, dass es Vermögensgegenstände ohne eigentlichen Eigentümer gibt, dass Vermögensgegenstände mit einem bestimmten Verwaltungsauftrag auf eine Drittperson übertragen werden und dass gleichzeitig eine Art Kontrollrecht beibehalten wird.

Der Autor:

Marc Zeindler ist Rechtsanwalt mit Sitz in Nizza, Mitglied des schweizerischen Beraternetzes Globogate und des isa-Beirates. Auf dem isa-Steuerkongress vom 25. bis 27. September 2008 in Camp de Mar, Mallorca, hält er einen Vortrag über Gestaltungsmöglichkeiten für eine optimale Nachlassplanung für Auslandsimmobilien am Beispiel der französischen SCI und Alternativen. Sie finden weitere Details und Rabattinformationen zum isa-Kongress in unserer Seminarübersicht.

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