Neue Mogelpackung: Mehr Überwachung statt weniger Bürokratie

vom 07. August 2008 (aktualisiert am 03. Januar 2012)
Von: Lutz Schumann

Liebe Leserin, lieber Leser,

auf den ersten Blick ist es eine gute Nachricht, dass die Bundesregierung das Steuerbürokratieabbaugesetz beschlossen hat. Doch wenn man genauer hinsieht, entpuppt sich auch dieses Vorhaben als Mogelpackung: Denn hinter dem vermeintlichen Bürokratieabbau verstecken sich verschiedene Überwachungsmaßnahmen, mit denen die Regierung weiter am gläsernen Steuerzahler arbeitet.

Ein wesentlicher Schwerpunkt des neuen Gesetzes liegt darin, den elektronischen Datenverkehr zwischen Steuerbürger und Finanzamt auszubauen. Die Quote der elektronisch übermittelten Steuererklärungen soll weiter steigen. Wählen dürfen die Steuerpflichtigen jedoch nicht. Sie müssen vor allem Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) künftig elektronisch an das Finanzamt übermitteln. Hierzu sollen ab 2011 alle Betriebe verpflichtet werden, die ihren Gewinn nach Paragraf 4 Absatz 1 oder Paragraf 5 Einkommensteuergesetz (EStG) ermitteln - also alle Einnahmenüberschussrechner und Bilanzierer. Auch Gewerbesteuer- und Körperschaftsteuerklärungen müssen ab dem Jahre 2011 in elektronischer Form beim Finanzamt eingereicht werden. Nur für Härtefälle sind Ausnahmen vorgesehen Was ein "Härtefall" ist, entscheiden die Finanzämter selbst.

Mit dieser elektronischen Übermittlung ist verbunden, die Steuerbilanz, Gewinn- und Verlustrechnung zu vereinheitlichen. So entsteht für die Unternehmen ein zusätzlicher Aufwand, um die Daten in die gewünschte Form zu bringen. Von weniger Bürokratie kann also auch hier keine Rede sein - zumindest nicht auf Seiten des Steuerzahlers. Die elektronische Abgabe und die Standardisierung dienen letztlich nur der technischen Weiterverarbeitung der Daten und vereinfachen vor allem das Prüfen. Die Zahlen verschiedener Unternehmen lassen sich leichter miteinander vergleichen. Schon bei Abgabe der Steuererklärung fallen Ungereimtheiten auf.

Ich schließe mich der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) an, die zwar die elektronische Übermittlung von Steuerdaten als "grundsätzlich folgerichtig und zeitgemäß" befürwortet. Gleichzeitig aber fordert die BStBK, dass die Finanzämter die Einkommensteuerbescheide auch elektronisch rückübertragen. Eine Computersoftware solle automatisch auswerten, inwiefern der Steuerbescheid von der Steuererklärung abweicht. Doch derartige Hilfe für den Steuerzahler ist im Gesetzentwurf natürlich nicht vorgesehen.

Fazit: Auch das Steuerbürokratieabbaugesetz baut keine Bürokratie ab! Zwar muss das Finanzamt in Zukunft weniger arbeiten, der Steuerzahler dafür aber mehr. Gleichzeitig steigt das ohnehin schon hohe Maß an Überwachung und Kontrolle. Selbst kleinste Fehler in der Steuererklärung werden zukünftig besser erkannt, erfasst und geahndet. Der Bürger wird derart gläsern, dass der Staat in Zukunft nur noch die Scheibe polieren muss.

Ich wünsche Ihnen dennoch eine schönes Wochenende und weiterhin viel Sonne. Herzlichst, Ihr

Unterschrift Lutz Schumann

Lutz Schumann
Chefredakteur und Herausgeber

P. S. Anlässlich der aktuellen Entwicklung habe ich im Steuer-Schutzbrief die Rubrik "Überwachung & Kontrolle" erstellt. Das Steuerbürokratieabbaugesetz inspirierte mich zu dieser Big-Brother-Auflistung. Erschreckenderweise finden sich in meinem Archiv mehr thematisch passende Artikel, als mir lieb ist! Sie finden die neue Rubrik innerhalb von "Finanzamt & Steuerberater".