Eine Abgeltungsteuer muss her - für alle Einkünfte, zumindest aber für Kapitaleinkünfte

vom 08. September 2005 (aktualisiert am 03. Dezember 2013)
Von: Lutz Schumann

Liebe Leserin, lieber Leser,

"Ist Österreich das bessere Deutschland?", fragte das Nachrichtenmagazin "Spiegel" jüngst in einem Beitrag. Und in der Tat: Die kleine Alpenrepublik ist in vielen Bereichen an uns vorbeigezogen, angefangen bei der Staatsverschuldung über die Arbeitslosigkeit bis zum Steuersystem.

So besitzt Österreich seit ein paar Jahren eine Steuer, mit der auch Bundesfinanzminister Eichel schon einmal geliebäugelt hatte: die Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte. Allerdings konnte er sich damals nicht durchsetzen. Dabei ist eine Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte eine feine Sache - für uns Anleger ebenso wie für den Staat. Österreich beweist es.

Dort gibt es die 25-prozentige Abgeltungssteuer schon seit einigen Jahren. Und es klappt bestens. Von allen Kapitaleinkünften, Zinsen wie Dividenden, behalten die Banken bei der Auszahlung 25 Prozent ein und führen das Geld anonym an den Fiskus ab. Damit ist für den österreichischen Anleger alles erledigt. Er braucht seine Kapitaleinkünfte bei seiner Steuererklärung nicht mehr anzugeben. Doch er kann es tun. Ratsam ist dies dann, wenn sein persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent liegt. Denn durch die Angabe in seiner Steuererklärung zahlt er in diesem Fall nur den geringeren persönlichen Steuersatz.

Viele Steuerexperten, darunter die Kölner Steuerprofessoren Rose und Lang sowie der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der jüngst ins Kompetenzteam der CDU/CSU berufen wurde, gehen einen Schritt weiter: Sie fordern eine Abgeltungssteuer für alle Einkünfte. Rose und Lang haben diese mit Erfolg schon in Bosnien eingeführt.

Viele Politiker brandmarken diese Einheitssteuer als sozial ungerecht. Falsch! Die Kombination aus Einheitssteuersatz und Grundfreibetrag sorgt für eine indirekte Progression. Ein Beispiel: Bei einem Einheitssatz von 25 Prozent und einem Grundfreibetrag von 10.000 Euro zahlt jemand, der 20.000 Euro im Jahr verdient, 2.500 Euro Steuern. Ein Gutverdiener mit einem Einkommen von 120.000 Euro zahlt 27.500 Euro Steuern. Er verdient sechsmal so viel, zahlt aber elf Mal so viel Steuern. Das ist keineswegs ungerecht.

Eine Einheitssteuer macht jedoch nur Sinn, wenn sämtliche Steuervergünstigungen - bis auf den einheitlichen Freibetrag pro Steuerzahler - komplett abgeschafft werden.

Eine solche Radikalreform - ein solcher Big Bang in Sachen Steuerpolitik - würde weltweit Aufsehen erregen. Er würde das Signal aussenden: Jetzt geht es los in Deutschland. Hier passiert etwas.

Ich habe die Hoffnung darauf noch nicht ganz aufgegeben. Paul Kirchhofs Nominierung in Merkels Kompetenzteam sei Dank.

Herzlichst, Ihr

Unterschrift Lutz Schumann

Lutz Schumann
Chefredakteur