Steuermodell: Mehr Elterngeld durch 'ungünstige' Lohnsteuerklassen

vom 22. August 2008 (aktualisiert am 25. Juli 2014)
Von: Lutz Schumann

Angehende Eltern erhalten mehr Geld vom Staat, wenn sie ihre Lohnsteuerklassen scheinbar ungünstig wählen. Am besten schon Jahre vor der Geburt - also wenn noch gar kein Nachwuchs in Sicht ist. Wählen Sie richtig, dann bekommen Sie ein viel höheres Elterngeld. Wie das geht, zeigen dieser Artikel und eine Beispielrechnung.

Der Wechsel-Trick funktioniert so: Das Elterngeld beträgt 67 Prozent des Geldes, das der betreuende Elternteil in den zwölf Monaten vor Beginn der Mutterschutzfrist durchschnittlich netto verdient hat. Es gilt also, die Steuerlast des betreuenden Elternteils im Jahr vor der Geburt zu senken, sodass der Nettoverdienst steigt. Dazu wechselt dieser Ehepartner in die günstige Lohnsteuerklasse III.

Vom Verdienst der Eheleute her gesehen, wäre diese Wahl eigentlich dumm. Denn der besser verdienende Partner wird höher besteuert. Doch da sie gemeinsam veranlagt werden, erhalten die Eheleute die zu viel gezahlten Steuern am Jahresende ohnehin zurück. Unterm Strich haben sie dem Finanzamt also einen zinslosen Kredit gegeben, wodurch ihnen ein Zinsschaden von wenigen Euro pro Monat entsteht. Der höhere Zuschuss vom Staat dagegen liegt bei über 300 Euro pro Monat, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.

Nachdem das Kind geboren ist, ist es nicht mehr nötig, das Einkommen des betreuenden Elternteils künstlich hoch zu halten. Sie sollten die Lohnsteuer des arbeitenden Partners senken, indem er zurück in die günstige Steuerklasse III geht. Hinweis: Grundsätzlich ist es nur einmal pro Jahr möglich, die Lohnsteuerklassen zu wechseln, nämlich spätestens zum 30. November.

Beispiel: Mehr Elterngeld durch "ungünstige" Lohnsteuerklasse

Wichtige Aktualisierung: Seit dem 1. Januar 2013 gelten neue Regeln für die Berechnung des Elterngelds. Es berechnet sich nicht mehr nach dem nachgewiesenen Nettoeinkommen, sondern nach dem Bruttoeinkommen abzüglich verschiedener Pauschalen für Steuern und Sozialabgaben. Das folgende Beispiel fußt noch auf den Regeln vor dieser Änderung und würde ab 2013 niedriger ausfallen.

Die Eheleute Miriam und Max Clever sind kinderlos und beide berufstätig. Miriam verdient monatlich 1.800 Euro brutto, Max 3.500 Euro brutto. Beide sind rentenversicherungspflichtig, ihr Beitrag zur Krankenkasse ist in den folgenden Rechnungen mit 14 Prozent gemittelt. Zur Vereinfachung sind Werbungskosten nicht berücksichtigt.

Miriam wird schwanger und will nach der Geburt das Kind betreuen, während Max Clever weiter arbeiten wird. Das Ehepaar kann nun zwischen folgenden drei Kombinationen der Lohnsteuerklassen wählen:

Beispielrechnung für 3 Lohnsteuerklassen-Kombinationen:

Verdienst, Elterngeld oder Steuer monatlicher Betrag Betrag gerundet
Wahl 1: Maximale Steuerersparnis, Steuerklassen III/V.
Max Clever geht in die Lohnsteuerklasse III, seine Frau in die Klasse V. Ab einem Einkommensunterschied wie in unserem Beispielfall ist dies die übliche Wahl, weil sie im Jahresverlauf die meisten Steuern spart.
Nettoverdienst Mann, Klasse III 2.068,94 Euro 2.070 Euro
Nettoverdienst Frau, Klasse V 882,33 Euro 882 Euro
Elterngeld (Ergebnis laut Elterngeldrechner) 643,07 Euro 643 Euro
Wahl 2: Durchschnitt, Steuerklassen IV/IV.
Beide Ehegatten befinden sich in der Lohnsteuerklasse IV, werden also im Jahresverlauf gleich besteuert. Je näher die Einkommen der Ehegatten beieinander liegen, desto günstiger ist diese Kombination.
Nettoverdienst Mann, Klasse IV 1.750,06 Euro 1.750 Euro
Nettoverdienst Frau, Klasse IV 1.194,72 Euro 1.195 Euro
"zu viel" (*1) gezahlte Steuern im Vergleich zu Wahl 1 6,49 Euro 7 Euro
Elterngeld (Ergebnis laut Elterngeldrechner) 800,46 Euro 800 Euro
höheres Elterngeld gegenüber Wahl 1 157 Euro 157 Euro
Wahl 3: Maximales Elterngeld, Steuerklassen V/III.
Max Clever wählt die ungünstige Steuerklasse V, seine Frau die Steuern sparende Klasse III. Diese Kombination ist aus steuerlicher Sicht völlig unüblich, weil das Ehepaar monatlich mehr Lohnsteuer abführt als nötig und dem Staat dadurch einen zinslosen Kredit gibt.
Nettoverdienst Mann, Klasse V 1.269,34 Euro 1.270 Euro
Nettoverdienst Frau, Klasse III 1.413,52 Euro 1.414 Euro
"zu viel" (*1) gezahlte Steuern im Vergleich zu Wahl 1 268,41 Euro 268 Euro
Elterngeld (Ergebnis laut Elterngeldrechner) 947,06 Euro 947 Euro
höheres Elterngeld gegenüber Wahl 1 303,71 Euro 304 Euro
Anmerkung
(*1) Am Jahresende erstattet das Finanzamt den Eltern die Lohnsteuer, die sie im Jahresverlauf zu viel gezahlt haben.

Fazit 1: Mehr Elterngeld. Wenn das Ehepaar in unserem Beispiel die dritte Lohnsteuerklassen-Kombination wählt, erhält es das höchstmögliche Elterngeld. Der Vorteil gegenüber der üblichen Steuerklassenwahl 1 liegt bei über 300 Euro pro Monat und bei 3.645 Euro pro Jahr.

Fazit 2: Geringer Zinsschaden. Durch die steuerlich ungünstige Wahl zahlen die Eheleute monatlich rund 270 Euro zu viel Steuern. Zwar erhalten sie die Steuer am Jahresende erstattet, nicht jedoch die Zinsen. Bei einem Satz von 6 Prozent entsteht ein gemittelter Zinsschaden von rund 97 Euro jährlich oder 8 Euro pro Monat. Der Zinsschaden ist also beim Vergleich der Lohnsteuerklassen vernachlässigbar gering.

Warum Sie Ihr Elterngeld schon optimieren sollten, bevor eine Schwangerschaft feststeht

Viele willige Eltern fragen sich: "Warum schon Jahre vor der Geburt die Steuerklassen ändern? Können wir damit nicht warten, bis wir wirklich schwanger sind?"

Antwort: Grundsätzlich ist ein Steuerklassenwechsel bei Schwangerschaft erlaubt, aber nachteilig. Ein deutlich früherer Wechsel hat vier Vorteile:

1. Vorteil: Definitiv mehr Geld. Wenn Eheleute erst dann die Lohnsteuerklasse wechseln, wenn sie die Schwangerschaft festgestellt haben, verbessern sie ihr Nettoeinkommen nur für die verbleibenden 7, bestenfalls 8 Monate vor der Geburt. Für die Höhe des Elterngelds werden jedoch die letzten 12 Monatseinkommen vor Beginn der Mutterschutzfrist herangezogen. Bezogen auf unser Beispiel oben bedeutet dies: Die Eltern erhalten nicht 3.645 Euro Elterngeld pro Jahr, sondern höchsten 2.430 Euro. Das sind 1.215 Euro weniger als möglich.

2. Vorteil: Rechtliche Sicherheit. Das Bundessozialgericht hat mit heutigem Stand (23. Januar 2013) noch nicht entschieden, ob ein Steuerklassenwechsel bei Schwangerschaft wirklich erlaubt oder Gestaltungsmissbrauch ist. Mit einem frühestmöglichem Wechsel machen Sie sich unabhängig vom Gerichtsurteil.

3. Vorteil: Neue 7-Monate-Frist. Der Gesetzgeber hat einen Wechsel der Steuerklassen zum Optimieren des Elterngelds erschwert. Ab dem 1. Januar 2013 gilt: Sie müssen Ihre Lohnsteuerklassen mindestens 7 Monate vor Geburt Ihres Kinds getauscht haben. Andernfalls wird die vorherige Steuerklassen-Kombination herangezogen und dieses Steuersparmodell wirkt nicht mehr.

4. Vorteil: Nur 1 Wechsel pro Jahr. Ohne besonderen Grund dürfen Sie nur ein Mal pro Jahr Ihre Steuerklassen ändern. Das heißt: Nur wenn Sie unser Modell sehr früh nutzen, können Sie direkt nach der Geburt in die "normalen" Steuern sparenden Klassen zurückgehen.

Früh optimieren, das meiste Geld bekommen

Fazit: Optimieren Sie Ihre Lohnsteuerklassen-Kombination schon dann, wenn Sie noch gar kein Kind erwarten. Selbst wenn Sie erst nach vielen Jahren schwanger werden, ist Ihr Vorteil durch das optimale Kindergeld immer noch deutlich höher als der Zinsschaden durch die zu viel gezahlten Steuern. Durch diesen legalen Trick erhalten Sie mehr Geld vom Staat.

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