08.12.2020

Mit dem Studium langfristig Steuern sparen

Studierende sparen im späteren Berufsleben viele tausend Euro Steuern, wenn sie ihre Ausgaben fürs Studium oder einer Berufsausbildung steuermindernd absetzen. Um welche Beträge es geht, zeigt die Beispielrechnung weiter unten.

Allerdings gibt es ein großes Manko: Die kompletten Kosten einer ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums konnten Betroffene bis 2011 problemlos als Werbungskosten steuermindernd in voller Höhe absetzen.

Zuletzt entschied der Bundesfinanzhof (BFH) 2014 und zuvor 2011 zugunsten der Studenten. Doch das letzte Wort hatte der Bundesfinanzminister. Er kippte die Rechtsprechung des BFH, indem er rückwirkend ab 2004 gesetzlich festschreiben ließ, dass Kosten für erstmalige Ausbildungen und Studien nicht mehr als Werbungskosten sondern nur noch als Sonderausgaben absetzbar sind (§§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG) - mit gravierenden Folgen.

Zwar hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 17.7.2014, Az. VI R 2/12) dies für verfassungswidrig eingestuft und das Bundesverfassungsgericht angerufen (Az. 2 BvL 24/14). Doch geändert hat dies bislang nichts: Auszubildende und Studenten müssen sich seitdem mit dem begrenzten Sonderausgabenabzug begnügen.

Die steuerlichen Auswirkungen sind gravierend: Kosten für erstmalige Ausbildungen (§ 12 Nr. 5 EStG) sind seitdem nur noch als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten absetzbar. Dazu zählen:

  • Bildungsmaßnahmen vor der Berufsausbildung und
  • ein direkt nach dem Schulabschluss begonnenes erstes Studium.

Dagegen sind als Werbungskosten nach § 9 Abs. 6 EStG Bildungsmaßnahmen oder ein Erststudium

  • nach einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung oder
  • im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses absetzbar.

Der Unterschied zwischen Werbungskosten und Sonderausgaben ist erheblich: Bei den Sonderausgaben ist der Abzug für die erstmalige Berufsausbildung seit 1. Januar 2012 für viele Studenten auf 6.000 Euro pro Jahr begrenzt (von 2004 bis 2011 betrug die Grenze 4.000 Euro). Außerdem verdienen Studenten in der Regel so wenig Geld, dass ihnen jedes Jahr ein Verlust entsteht. Verluste aus Sonderausgaben jedoch lassen sich nicht mit Gewinnen in anderen Jahren verrechnen. Sie verfallen einfach.

Ein Verlust aus Werbungskosten hingegen lässt sich mehrere Jahre in die Zukunft vortragen (und ins vergangene Jahr zurück). Wenn der Student nach seinem Abschluss Vollzeit arbeitet und ein nennenswertes Gehalt bezieht, macht er seine mitgeschleppten Verluste Steuern mindernd geltend. Dadurch ist es denkbar, mehrere tausend Euro Steuern zu sparen, wie das folgende Beispiel zeigt.

Beispielrechnung für den Steuervorteil durch Werbungskostenabzug gegenüber Sonderausgabenabzug

Beispiel: Matze Clever stammt aus Koblenz und studiert Betriebswirtschaftslehre in Köln, wo er eine Zweitwohnung bezieht. Sein Vater Max unterstützt ihn mit 650 Euro im Monat. Zusätzlich arbeitet Matze auf Minijob-Basis und verdient rund 3.000 Euro im Jahr. Der Unterhalt spielt für ihn steuerlich keine Rolle, der Minijob ist bereits pauschal abgegolten. Am Ende des Jahres betragen die steuerpflichtigen Einkünfte des Studenten also null.

Matzes Lebensmittelpunkt bleibt Koblenz, weswegen er Kosten für eine doppelte Haushaltsführung geltend machen kann. Die Miete der Zweitwohnung in Köln beläuft sich auf 4.800 Euro im Jahr. Wir schätzen seine Fahrtkosten für 20 Heimfahrten auf 200 Euro, da er kein Auto besitzt und weitestgehend sein Semesterticket nutzt. Studiengebühren und Semesterbeitrag belaufen sich auf 650 Euro pro Semester, also 1.300 Euro pro Jahr. Fachbücher und Computer (anteilig) kosten ihn rund 300 Euro jährlich. Das ergibt jährliche Ausgaben von 6.600 Euro.

Er beendet sein Studium nach 5 Jahren erfolgreich und findet eine Stelle als Controller bei einem großen deutschen Autobauer. Sein Einstiegsgehalt beträgt 40.000 Euro jährlich. Während des gesamten Beispiels bleibt er unverheiratet. Die folgende Rechnung zeigt, welchen finanziellen Unterschied es ergibt, ob die Ausgaben fürs Studium als Sonderausgaben oder Werbungskosten zählen:

             
Posten                                                             Betrag 
steuerlich relevante Einnahmen 0 Euro
Ausgaben - 6.600 Euro
a) Sonderausgabenabzug
jährliche Ausgaben gedeckelt auf 4.000 Euro
steuerlich relevante Ausgaben (mangels Einnahmen zum Verrechnen) 0 Euro
Verlustvortrag nach 5 Jahren 0 Euro
Gehalt im 1. Jahr nach abgeschlossenem Studium 40.000 Euro
Steuern darauf (gerundete Zahllast laut Steuertabelle 2010 bei rund 22,42 Prozent Steuersatz; 920 Euro Werbungskostenpauschale sind bereits berücksichtigt) 8.764 Euro
b) Werbungskostenabzug
steuerlich relevante Ausgaben (Finanzamt erkennt Werbungskosten voll an) 6.600 Euro
Verlustvortrag nach 5 Jahren 33.000 Euro
Gehalt im 1. Jahr nach abgeschlossenem Studium 40.000 Euro
zu versteuernder Betrag nach Abzug des Verlustvortrags von 33.000 Euro und 920 Euro Werbungskosten-Pauschbetrag 6.080 Euro (*)
Steuerbetrag: unterhalb des Grundfreibetrags von 7.834 (Wert aus 2010) 0 Euro (*)
Finanzieller Vorteil durch die Anerkennung der Studiumskosten als Werbungskosten (b) statt Sonderausgaben (a) 8.764 Euro
(*) Genau genommen wären hier weitere Steuerabzüge des Angestellten in seinem ersten Berufsjahr zu berücksichtigen, worauf wir zur Vereinfachung verzichten. Je nach Gestaltung lässt sich ein Verlust auch ins zweite Berufsjahr übertragen.

Wer darf sein Studium als Werbungskosten absetzen?

Der Bundesfinanzhof (BFH) erlaubte den Werbungskostenabzug im Juni 2009 für Studenten, die vor ihrem Erststudium eine Berufsausbildung abgeschlossen haben (Aktenzeichen: VI R 14/07). Auch Studenten, die ein duales Studium absolvieren, können die Aufwendungen hierfür als Werbungskosten absetzen, da ein direkter Zusammenhang mit den Einnahmen aus den Ausbildungsvergütungen besteht.

Steuer-Tipp: Auch wenn Sie nicht zu diesen Gruppen gehören und ihr Finanzamt bislang nur Sonderausgaben anerkannt hat, haben Sie eine Chance auf den Werbungskostenabzug. Informationen und ein Musterschreiben dafür finden Sie im Artikel "Volle Werbungskosten für Studium und Ausbildung".

Fazit: Als Student mit oder ohne abgeschlossene Berufsausbildung sollten Sie ab sofort eine Steuererklärung abgeben und in der "Anlage N" sämtliche Studienkosten als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Ihr Ziel ist es, während Ihrer finanziell kärglichen Jahre als Student Verluste anzusammeln, mit denen Sie später im Berufsleben Steuern sparen.

Diese Kosten können Studenten steuermindernd geltend machen

Nachfolgend eine Aufstellung (Auszug) von Kosten, die Studenten steuerlich geltend machen können:

  • Arbeitsmittel: Dazu zählen Fachbücher, Mitschriften, Fotokopien, Fachzeitschriften und Büromaterial. Auch Büromöbel sind absetzbar, zum Beispiel Regale, Schreibtisch und Stuhl. Wenn die einzeln nutzbaren Stücke teurer als 952 Euro sind (800 Euro plus 19 Prozent Mehrwertsteuer), müssen Sie diese über die Nutzungsdauer abschreiben. Bei Möbeln sind das 13 Jahre.
  • Fahrtkosten: Wer mit dem eigenen oder geliehenen Pkw zur Schule oder Uni fährt, kann 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer ansetzen. Das gilt auch für Fahrten zur Bibliothek, zum Seminar oder zum Lernen mit Kommilitonen. Wer mit Bus und Bahn fährt und über kein Semesterticket verfügt, setzt den gezahlten Fahrpreis ab. Kilometerpauschalen gibt es auch fürs Motorrad (20 Cent) und Moped/Mofa (20 Cent).
  • Häusliches Arbeitszimmer: Wer in einer Mietwohnung lebt und dort ein Arbeitszimmer nutzt, kann maximal 1.250 Euro für anteilige Miete und Nebenkosten, Renovierung und Strom pro Jahr absetzen.
  • Computer: Das Finanzamt muss Kosten für einen Computer selbst dann anerkennen, wenn Sie ihn zu mehr als 10 Prozent privat nutzen (BFH-Urteil, Aktenzeichen: VI R 135/01). Die Abschreibungsdauer für Desktop-PC, Notebook, Drucker, Monitor und anderes Zubehör beträgt 3 Jahre. Kostet ein (gebrauchtes) Gerät nicht mehr als 800 Euro plus Mehrwertsteuer und lässt es sich selbstständig nutzen, dürfen Sie es sofort voll absetzen.
  • Studiengebühren: Wenn Sie für die Schule, den Lehrgang oder die Universität Gebühren zahlen müssen, machen Sie diese ebenfalls Steuern mindernd geltend.
  • Kosten für ein Repetitorium (Wissensaufbereitung zur Vorbereitung auf Prüfungen).
  • Kosten für das Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten wie einer Bachelorarbeit.
  • Zweitwohnung: Wer eine Zweitwohnung am Studienort nutzt, kann die Miete und die Kosten für Fahrten nach Hause als doppelte Haushaltsführung komplett absetzen. Voraussetzung ist, dass der Lebensmittelpunkt am Erstwohnsitz liegt, zum Beispiel im Haus der Eltern.
  • Kosten eines Auslandssemesters.
  • Zinsen für ein Ausbildungsdarlehen.
  • Druck und Binden von Studienarbeiten.

Eine umfangreiche Liste der typischen Werbungskosten für Studenten finden Sie HIER.