Mehr Außenprüfungen bei gut verdienenden Privatleuten

vom 06. Januar 2010 (aktualisiert am 13. März 2019)
Von: Lutz Schumann

Gut verdienende Arbeitnehmer, Kapitalanleger und Vermieter müssen seit 2010 deutlich stärker damit rechnen, dass das Finanzamt sie prüft. Ursache dafür ist das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, auch Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz (StHBG) genannt, das am 1. Januar 2010 in Kraft trat (BT-Drucksache 633/09, BGBl 2009 I, S. 2302). Demnach sind Außenprüfungen auch bei Steuerzahlern vorgesehen, deren Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung pro Jahr mehr als 500.000 Euro betragen. Bisher verschonten die Finanzbeamten diese Spitzenverdiener meist und prüften vornehmlich Selbstständige - abhängig von Umsatz und Gewinn.

Die betroffenen Steuerzahler müssen sich vor allem beim Aufbewahren von Belegen umstellen. Nach dem neuen Gesetz besteht eine Aufbewahrungspflicht von sechs Jahren für sämtliche Unterlagen, die für das Finanzamt bedeutend sein könnten. Arbeitnehmer, Anleger und Vermieter sollten daher ihre Nachweise über Ausgaben und Einnahmen archivieren. Bislang mussten Privatpersonen ihre Unterlagen nur so lange aufbewahren, bis das Finanzamt den Steuerbescheid erstellt hatte.

Wenn die Aufzeichnungen Lücken enthalten oder wenn wichtige Belege fehlen, kann das Finanzamt nachträglich Werbungskosten und Sonderausgaben streichen, die es zuvor gewährt hatte. Möglicherweise schätzt es sogar Einkünfte hinzu. Das Endergebnis wären hohe Steuernachzahlungen, selbst wenn die Steuererklärungen Jahre zurückliegen. Nachträgliche Änderungen sind dann erlaubt, wenn die Einkommensteuerbescheide unter dem "Vorbehalt der Nachprüfung" ergehen und deshalb nicht rechtskräftig sind.

Sogar private Ausgaben sind "bedeutend fürs Finanzamt"

Welche Unterlagen will das Finanzamt überhaupt sehen? In erster Linie natürlich diejenigen, die mit den Einkünften oder den steuerlich geltend gemachten Ausgaben zusammenhängen. Doch auch private Belege können wichtig sein, zum Beispiel über teure Möbel, Schmuck oder die Kreuzfahrt im Sommerurlaub. Solche rein privaten Ausgaben haben zwar nichts mit der Steuererklärung zu tun, aber sie helfen dabei, einen Grundverdacht der Finanzbeamten zu entschärfen: Steuerhinterziehung.

Denn das Finanzamt geht davon aus, dass seine „Kunden“ ihr Geld entweder anlegen oder ausgeben. Legen sie es an, dann verfügen sie über Aufzeichnungen und geben bestenfalls höhere Kapitaleinkünfte in ihrer Steuererklärung an. Ohne jegliche Belege jedoch vermutet jeder halbwegs misstrauische Beamte irgendwann, dass das Geld in einer unbekannten Anlage steckt und Erträge am deutschen Fiskus vorbei abwirft.

Steuer-Tipp: Wenn Sie trotz eines hohen Einkommens über mehrere Jahre keine steigenden Kapitaleinkünfte vorweisen, dürften Sie Probleme mit dem Finanzamt bekommen. Heben Sie deshalb Belege über größere private Ausgaben auf.

Worauf Sie sich als Spitzenverdiener einstellen müssen:

1. Für eine Außenprüfung bedarf es keines besonderen Anlasses. Den Ausschlag gibt allein, dass die Summe Ihrer positiven Einkünfte über 500.000 Euro pro Kalenderjahr liegt. Dieser Wert lässt sich nicht mit Verlusten drücken - es kommt nur auf die Einkünfte an. Außerdem betrachtet das Finanzamt jeden Steuerzahler einzeln, auch zusammenveranlagte Eheleuten.

2. Wenn Sie einmal die Grenze überschritten haben und später wieder unter 500.000 Euro sinken, streicht das Finanzamt Sie nicht sofort vom Prüfungsplan. Eine Außenprüfung ist in den folgenden fünf Jahren noch möglich. Diese Frist verlängert sich auf 10 Jahre, falls Sie Steuern hinterzogen haben.

3. Ob Sie für eine Betriebsprüfung vorgesehen sind, erfahren Sie erst durch die Prüfungsanordnung (PAO) des Finanzamts. Vermutlich werden Privatleute zwei Wochen Zeit zur Vorbereitung bekommen - diese Frist gilt zumindest für Kleinunternehmen.

4. Ein Vorbehalt der Nachprüfung auf dem Steuerbescheid bedeutet nicht gleich, dass Sie für eine Prüfung ausgelost wurden. Fehlt dieser Vorbehalt jedoch, können Sie sicher sein, dass Sie nicht auf dem Prüfungsplan des Finanzamts stehen.

5. Die neue Aufbewahrungsfrist beträgt sechs Jahre. Sie müssen also Unterlagen aus dem Jahr 2010 bis Ende 2016 aufbewahren.

6. Die Prüfer kommen zu Ihnen nach Hause. Für die Prüfung müssen Sie sämtliche Unterlagen über wichtige Einnahmen und Ausgaben vorlegen.

7. Bei der Außenprüfung dürfen die Finanzbeamten auch elektronische Daten nutzen. Das gilt bei der Prüfung von Unternehmen genauso wie bei Privatpersonen. Stellen Sie sich daher darauf ein, dass sich die Prüfer Ihren Computer ansehen und die Herausgabe elektronischer Daten verlangen. Wenn Sie Ihre Steuererklärung zum Beispiel mit einer Software erstellen oder Tabellenkalkulationen dafür nutzen, dann dürfen die Beamten auf diese Programme und Daten zugreifen.

8. Nehmen Sie die Aufbewahrungspflicht ernst, besprechen Sie sich mit Ihrem Steuerberater oder Fachanwalt und arbeiten Sie mit dem Prüfer zusammen. Andernfalls droht seit 2009 ein Verzögerungsgeld von 2.500 bis 250.000 Euro, unabhängig davon, ob Sie als Privatperson oder als Unternehmer betroffen sind.

9. Das neue Gesetz verschärft die Anforderungen bei Sachverhalten mit Auslandsbezug. Wenn Sie über die deutsche Grenze hinweg Geschäftsbeziehungen unterhalten oder Geld anlegen, kann das Finanzamt absolute Offenheit verlangen. Vor allem bei Staaten, die in der Finanzverwaltung als Steueroasen gelten.

Solche Staaten gibt es zurzeit allerdings nicht mehr: Das Bundesfinanzministerium (BMF) stellte in einem Schreiben vom 5. Januar 2010 fest, "dass zum 1. Januar 2010 kein Staat oder Gebiet die Voraussetzungen für Maßnahmen nach der Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung erfüllt.", Aktenzeichen IV B 2 - S 1315/08/10001-09.

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