Legasthenie: Behandlungskosten absetzbar

vom 17. August 2005 (aktualisiert am 03. Juni 2018)

Die Kosten für die Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie) eines Kinds lassen sich als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH, Aktenzeichen: III R 64/03). Der Steuerabzug gilt allerdings nur, wenn die Schwäche krankheitsbedingt ist, zum Beispiel durch eine Hirnfunktionsstörung, und wenn die Therapie einer Heilung oder Linderung dient. Als Eltern müssen Sie vor der Behandlung ein Attest vom Amtsarzt oder Vertrauensarzt erstellen lassen, um die medizinische Notwendigkeit zu beweisen.

Hintergrund des Verfahrens: Im entschiedenen Fall hatten Eltern die Lese-Rechtschreib-Schwäche ihrer Tochter behandeln lassen. Für das Jahr 2000 machten sie dafür Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastung geltend (§33 EStG). Das Finanzamt verweigerte den Steuerabzug, weil die Eltern die medizinische Notwendigkeit nicht nachgewiesen hatten. Im Einspruchsverfahren legten die Eltern ein amtsärztliches Attest von September 2001 vor. Das Finanzamt lehnte das Attest ab, weil es nachträglich angefertigt worden war.

Das Finanzgericht Saarland stellte sich auf die Seite der klagenden Eltern und sah die medizinische Notwendigkeit der Behandlung als nachgewiesen an (Aktenzeichen: 1 K 318/01). Es widerspreche der freien Beweiswürdigung, dass der BFH stets ein vor der Behandlung ausgestelltes Attest verlange; das Finanzgericht könne sich aus ihm zugänglichen sonstigen Unterlagen davon überzeugen, dass bestimmte Aufwendungen medizinisch notwendig seien. Der BFH blieb in der nächsten Gerichtsinstanz stur und kippte das steuerzahlerfreundliche Urteil des FG Saarland.

Steuer-Tipp 1: Außergewöhnliche Belastungen sparen nur dann Steuern, wenn Sie die jährliche Eigenbeteiligung überschreiten. Daher sollten Sie möglichst viele Behandlungskosten ins selbe Jahr ziehen.

Steuer-Tipp 2: Sie dürfen nicht nur die Behandlungskosten als außergewöhnliche Belastung abziehen, sondern auch die Reisekosten, also Fahrtkosten, Übernachtung, Verpflegungsmehraufwendungen. Der Clou: Wenn Sie Ihr Kind begleiten, sind auch Ihre Übernachtungskosten etc. absetzbar. Durch die Reisekosten kommen oft mehrere hundert Euro im Jahr zusammen, die Ihnen dabei helfen, die Selbstbeteiligungs-Hürde zu nehmen.

Nachtrag: Der BFH hat die Vorschrift für Atteste gelockert. Sie sind nicht mehr dazu verpflichtet, vor der Behandlung einen Amtsarzt aufzusuchen. Auch eine nachträgliche Bescheinigung vom Hausarzt kann Ihnen helfen. Ein vorheriges Attest vom Amtsarzt bleibt jedoch das sicherste Mittel, wenn Sie Steuern sparen wollen.

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