GmbH-Geschäftsführer können selbstständig sein

vom 31. Oktober 2005 (aktualisiert am 01. Juni 2017)

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine langjährige Rechtsprechung aufgegeben, wonach GmbH-Geschäftsführer immer angestellt und weisungsgebunden waren. Ein selbstständiger Unternehmer, der auf dem Markt auftritt, kann gleichzeitig als selbstständiger Mitarbeiter die Geschäftsführung einer GmbH übernehmen (Urteil vom 10. Mai 2005, Aktenzeichen: V R 29/03). Die Folge: Er kann bei seinen Honorarrechnungen die Umsatzsteuer ausweisen. Der BFH hob damit die Entscheidung des Finanzgerichts Köln auf (Urteil vom 30. April 2003, Aktenzeichen: 6 K 5692/01).

Die Voraussetzungen: Der Unternehmer muss auch für andere Auftraggeber arbeiten, sonst handelt es sich um eine Scheinselbstständigkeit. Der Arbeitsvertrag mit der GmbH muss einen Punkt enthalten, wonach der Unternehmer frei entscheiden kann, also nie an Weisungen der GmbH gebunden ist. Der Vertrag schließt Ansprüche auf Urlaub, Sozialleistungen und Vergütung im Krankheitsfall aus.

Hintergründe zum Urteilsfall

Im entschiedenen Fall hatte eine GmbH geklagt, deren Tätigkeit auf den Erfindungen und Patenten ihres GmbH-Geschäftsführers beruhte. Dieser war bis Juni 2000 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin. Daneben arbeitete er als Professor an einer Universtität sowie als freiberuflicher Gutachter und Berater. Für die GmbH war er zuerst unentgeltlich, ab 1997 als freier Mitarbeiter entgeltlich tätig. Für diese freie Mitarbeit erhielt er ein monatliches Pauschalhonorar zuzüglich Mehrwertsteuer. Über die Höhe des Honorars entschied er allein nach eigenem Ermessen und ohne an Vorschriften der Gesellschaft gebunden zu sein.

Die GmbH machte im Streitjahr 1999 die Mehrwertsteuer als Vorsteuer geltend. Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung stufte der Prüfer des Finanzamts den Geschäftsführer als weisungsabhängig gegenüber der GmbH und somit als nicht selbstständig ein. Als Folge daraus versagte er den Vorsteuerabzug aus seinen Rechnungen an die GmbH.

Leitlinien des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in den vergangenen 10 Jahren folgende Leitlinien für die Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern entwickelt:

  • Die Sozialversicherungspflicht richtet sich nach dem Anstellungsvertrag oder den tatsächlichen Verhältnissen in der GmbH, zum Beispiel bei einem bestehenden Direktionsrecht der GmbH-Gesellschafter oder eines Aufsichtsrats hinsichtlich Art, Ort, Zeit und Dauer der zu leistenden Dienste (BSG-Urteil vom 6. März 2003, Aktenzeichen: B 11 AL 25/02 R).
  • Sozialversicherungspflicht besteht dagegen grundsätzlich nicht, wenn der GmbH-Geschäftsführer ohne Bindung an Weisungen und unter freier Gestaltung seiner Tätigkeit die Geschicke der Gesellschaft maßgebend bestimmt und jede ihm nicht genehme Weisung gerade im Hinblick auf die Gestaltung seiner Tätigkeit verhindern kann (BSG Urteil vom 14. Dezember 1999, Aktenzeichen: B 2 U 48/98 R, BB 2000, 674).
  • Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer: Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung von unter 50 Prozent sind in der Regel abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig.
  • Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer: Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung von mindestens 50 Prozent des Stammkapitals der GmbH sind selbstständig tätig und damit sozialversicherungsfrei.
  • Atypischer Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer: Hierbei handelt es sich um Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer, die wegen ihres tatsächlichen Einflusses auf die Willensbildung der GmbH alle ihnen nicht genehmen Weisungen hinsichtlich der Gestaltung ihrer Tätigkeit verhindern können. Sie sind ebenfalls selbstständig tätig und daher sozialversicherungsfrei.

Steuer-Tipp: Ob die vorgenannten Voraussetzungen für eine Sozialversicherungsfreiheit tatsächlich gegeben sind, führt sehr oft zu Streit mit den Sozialversicherungsträgern. Daher sollten GmbH-Geschäftsführer unbedingt durch das Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund verbindlich klären lassen, ob bei ihnen eine abhängige oder selbstständige Tätigkeit vorliegt.

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