Erbschaftsteuer seit 2007 verfassungswidrig?

vom 24. Januar 2013 (aktualisiert am 17. Mai 2013)
Von: Lutz Schumann

Der Bundesfinanzhof (BFH) hegt große Zweifel an der Rechtmäßigkeit des derzeitigen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes und hat deshalb das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen (Aktenzeichen BFH: II R 9/11, BVerfG: 1 BvL 21/12). Vor allem bei Schenkungen müssen Betroffene rechtzeitig handeln.

Was der BFH an der Erbschaftsteuer auszusetzen hat

Eigentlich ging es in dem vom BFH behandelten Fall nur darum, ob bei der Erbschaftsteuer die Gleichstellung von verwandten Personen (Geschwister, Neffen, Nichten) mit fremden Personen verfassungswidrig ist. Doch der BFH nutzte das Verfahren, um das Erbschaftsteuerrecht gänzlich zu prüfen.

Im seit 2007 geltenden Erbschaftsteuerrecht wird der Erwerb von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften steuerlich stark begünstigt. Die Begründung des Gesetzgebers: Bei hohen Steuerbeträgen auf Betriebsvermögen sei die Fortführung von Firmen gefährdet und es drohe der Verlust von Arbeitsplätzen.

Das sehen die BFH-Richter anders: Es könne nicht unterstellt werden, dass durch die Erbschaft- oder Schenkungsteuer die Betriebsfortführung typischerweise gefährdet werde. Die umfangreiche Begünstigung von Unternehmen stelle eine massive Bevorzugung von Unternehmern gegenüber Privatpersonen dar. Die Verfassungsverstöße führten zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden Fehlbesteuerung.

Bis das BVerfG endgültig entschieden hat, befindet sich die Erbschaftsteuer in der Schwebe. Bei Schenkungen müssen Betroffene rechtzeitig handeln.

Was tun bei Schenkungen von Privatvermögen?

Wenn Sie jetzt einen Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheid erhalten, können Sie künftig mit einer geringeren Steuerlast rechnen. Das gilt vor allem bei privat geerbten Bankguthaben und Immobilen.

Die Finanzbehörden der Länder haben beschlossen, die Steuer für Erbschaftsfälle ab dem 1. Januar 2009 nur noch vorläufig festzusetzen (Ländererlass vom 14. November 2012, BStBl. 2012 I S. 1082). Erben brauchen keinen Einspruch einzulegen, um ihren Steuerfall offen zu halten. Sie profitieren automatisch, sollte das BVerfG in Ihrem Sinn entscheiden.

Steuer-Tipp: Prüfen Sie sicherheitshalber, ob die Vorläufigkeit in Ihrem Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheid vermerkt ist. Falls nicht, legen Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt Einspruch ein.

Was tun bei Schenkungen von Betriebsvermögen?

Hier rechnen Experten mit einer Verringerung der bisherigen Steuerprivilegien und daher mit einer höheren Besteuerung von Betriebsvermögen. Spätestens nach der nächsten Bundestagswahl könnte es soweit sein. Daher sollten Sie eine geplante Schenkung von Betriebsvermögen nicht länger hinausschieben.

Zusätzliche Klausel hilft

Bei Schenkungen ist es sinnvoll, eine zusätzliche Klausel in den Schenkungsvertrag aufzunehmen, nach der Sie Ihre Schenkung rückgängig machen können, wenn sie sich nach einem späteren Recht günstiger gestalten lässt. Lassen Sie sich unbedingt von einem Notar oder Rechtsanwalt beraten.

Mehr Tipps zum Thema in diesen Rubriken: Erbschaft, Familie, Schenkung, Selbstständige, Unternehmer