Attest vom Amtsarzt nicht nötig, aber sinnvoll

vom 16. Januar 2012 (aktualisiert am 11. Juni 2014)
Von: Lutz Schumann

Die Behandlungskosten kranker und behinderter Menschen lassen sich jetzt deutlich leichter als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung in zwei Punkten komplett geändert (Aktenzeichen: VI R 17/09 und VI R 16/09):

  • Ein Attest vom Amtsarzt oder Vertrauensarzt ist nicht mehr zwingend erforderlich. Jetzt dürfen auch normale Ärzte bescheinigen, dass die Behandlung, Operation, Therapie, Kur oder Rehabilitation medizinisch notwendig ist.
  • Steuerzahler brauchen sich die Bescheinigung nicht mehr vor der Behandlung zu besorgen.

Vorsicht, Steuer-Falle: Diese Lockerungen sind kein Freifahrtschein, um in Kur zu gehen uns sich hinterher vom befreundeten Hausarzt die Notwendigkeit bescheinigen zu lassen. Der BFH entschied lediglich, dass das Finanzamt Ihre Behandlungskosten nicht aus formalen Gründen ablehnen darf. Zum Beispiel weil Ihr Attest nicht gut genug sei oder weil Sie sich im Vorhinein darum hätten kümmern müssen.

Anzweifeln darf das Finanzamt Ihre normale ärztliche Bescheinigung jedoch weiterhin. Sollte es zu einem Verfahren vorm Finanzgericht kommen, besteht die Gefahr, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger Ihre Behandlung für medizinisch nicht notwendig hält. Allein schon deshalb, weil die Umwelteinflüsse oder andere Gründe zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht mehr vorliegen oder nachweisbar sind.

Steuer-Tipp 1: Sie setzen Ihre außergewöhnlichen Belastungen weiterhin nur dann sicher durch, wenn Sie sich oder Ihr Kind erst vom Amtsarzt untersuchen und danach behandeln lassen.

Steuer-Tipp 2: Machen Sie die Gebühr für das amtsärztliche Attest ebenfalls als außergewöhnliche Belastung in Ihrer Steuererklärung geltend.

Hintergrund: Unter die außergewöhnlichen Belastungen fallen nur solche Krankheitskosten, die keine Krankenkasse, private Versicherung oder ein anderer Dritter übernommen hat. Zudem müssen die Kosten einen zumutbaren Eigenanteil übersteigen, der von Ihrem Einkommen abhängt, vom Familienstand und von der Zahl Ihrer Kinder.

Wegen dieses hohen Eigenanteils sind die außergewöhnlichen Belastungen häufig erst durch teure Behandlungen nutzbar. Also durch solche Behandlungen, für die ein ärztliches Attest erforderlich ist.

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