Weg mit der Erbschaftsteuer!

vom 22. Januar 2008 (aktualisiert am 17. September 2017)
Von: Lutz Schumann

ist die Erbschaftsteuer noch zeitgemäß? Darüber lässt sich trefflich streiten. Für eingefleischte Sozialdemokraten ist es inakzeptabel, dass große Vermögen ungerupft von einer Generation auf die nächste übertragen werden. Aus sozialistischer Sicht sind die Vermögen ohnehin äußerst ungerecht verteilt, deshalb müsse wenigstens im Erbfall berichtigt werden.

Diese Argumentation ist berechtigt und trifft bei vielen Wählern auf Wohlwollen. Doch wenn man überprüft, wie viel – oder besser: wenig – Steuern der Staat durch Erbschaften einnimmt, dann stellt man fest, dass von einer "Umverteilung" nicht die Rede sein kann, geschweige denn von einer höheren Chancengleichheit.

1. Die Erbschaftsteuer bringt in Deutschland pro Jahr vier Milliarden Euro ein. Das mag nach einer hohen Summe klingen, macht jedoch weniger als ein Prozent des gesamten Steueraufkommens aus.

2. Das Gesetz und die Erhebung der Erbschaftsteuer sind ausgesprochen kompliziert. Sie zu bewerten und erfassen, wirft große Probleme auf. So erhielt kürzlich der Testamentsvollstrecker eines kinderlosen Ehepaars ein Formularpaket von mehreren Zentimetern Dicke. Für alle 25 testamentarisch bedachten Erben musste er Steuererklärungen abgeben. Die anschließenden Zahlungen waren vernachlässigbar – ein wahrer Schildbürgerstreich.

Die Erbschaftsteuer ist so überflüssig wie der Blinddarm – und für Betroffene mitunter genauso schmerzhaft. Sie und ihre Stiefschwester, die Schenkungsteuer, zwingen die Erben zu Anstrengungen, die oft in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Steuern stehen. Ich kenne viele Deutsche, die nicht zuletzt wegen der Erbschaftsteuer ihren Wohnsitz ins Ausland verlagert haben. Da vor allem vermögende Menschen diesen Weg gehen, findet erst recht keine "Umverteilung" von Reich nach Arm statt, sondern allenfalls von Deutschland nach – weg.

Die Konkurrenz wird größer, immer mehr Staaten geben die Erbschaftsteuer auf. Österreich ist eines davon, unsere Nachbarn verzichten ab dem 31. Juli 2008 darauf, die Erbschaftssteuer zu erheben. Dies sollte unseren Politikern eigentlich zu Denken geben. Doch ihre Antwort könnte gegenteiliger nicht sein: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück kündigte das Erbschaftsteuer-Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Österreich. In Berlin fürchtete man wohl hohe Steuerausfälle.

Vergleich: So viel kostet das Erben in Deutschland und seinen Nachbarstaaten

  • Deutschland (neues Gesetz): hohe Freibeträge für Ehegatten (500.000 Euro) und Kinder (400.000 Euro); Steuersätze hängen vom Erbe ab und liegen zwischen 7 und 50 Prozent.
  • Belgien: Siehe Frankreich; jedoch niedrigere Steuersätze.
  • Dänemark: Die Steuersätze sind vergleichsweise niedrig, für Ehegatten liegen sie sogar bei null Prozent. Kinder zahlen 15 Prozent oberhalb eines Freibetrags von 25.600 Euro.
  • Frankreich: hohe Steuersätze, niedrige Freibeträge, Immobilien werden nach Verkehrswert besteuert. Kein gutes Land für Erben.
  • Holland: Ehegatten erhalten einen Freibetrag von 503.000 Euro, Kinder haben 8.600 Euro steuerfrei.
  • Luxemburg: Keine Steuer für Kinder sowie für Ehepartner, sofern diese ein gemeinsames Kind mit dem Erblasser haben.
  • Österreich: Zum 31. Juli 2008 läuft die Erbschaftsteuer ganz aus.
  • Polen: Im Schnitt liegt der effektive Erbschaftsteuersatz für Ehegatten und Kinder bei drei Prozent. Je nach Summe kann er höher sein, maximal bei sieben Prozent. Der Freibetrag für Ehepartner liegt bei niedrigen 2.500 Euro.
  • Portugal: keine Erbschaftsteuer.
  • Schweiz: In allen Kantonen gibt es eine Erbschaftsteuer mit unterschiedlich hohen Sätzen. Doch der jahrelange, harte Steuerwettbewerb hat dazu geführt, dass zumindest Ehepartner und Kinder nur noch in wenigen Kantonen erbschaftsteuerpflichtig sind.
  • Tschechien: keine Erbschaftsteuer.
  • Tschechische Republik: Erbschaftsteuer für Eltern und Kinder: null Prozent. Sogar Nebenverwandte wie Nichten oder Neffen zahlen nur 1,5 bis 6 Prozent.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche und uns allen ein paar einsichtigere Politiker. Herzlichst, Ihr

Lutz Schumann

Lutz Schumann
Herausgeber und Chefredakteur